Warum Männer seltener zum Arzt gehen gettyimages
Gesund mit Diehm

Warum Männer seltener zum Arzt gehen

Frauen gehen deutlich häufiger zum Arzt als Männer. Sind Männer also gesünder? Wohl kaum, denn in der Lebenserwartung liegen sie hinter dem weiblichen Geschlecht. Auch bei den aktuellen Corona Infektionen gibt es deutlich mehr Todesfälle bei Männern. Informationen rund um den menschlichen Körper und die Gesundheit – erklärt von Prof. Dr. Curt Diehm.
Regelmäßig werten die Krankenkassen in Deutschland aus, wie häufig ihre Mitglieder Allgemeinmediziner oder Fachärzte besuchen. Das Resultat ist immer das Gleiche: Frauen gehen deutlich häufiger zum Arzt als Männer. Je nach Kasse und Bundesland fallen die Ergebnisse leicht unterschiedlich aus, der Gesamttrend ist jedoch übergreifend sichtbar.

Was sind die Gründe, warum Männer nicht gerne zum Arzt gehen?

Über die Gründe gibt es die verschiedensten Vermutungen. Allgemein wird angenommen, dass Männer nur dann einen Arzt aufsuchen, wenn sie „nicht mehr funktionieren“. Denn während Gesundheit für Frauen eher Wohlbefinden bedeutet, denken Männer primär daran, dass sie ihre Aufgaben erfüllen müssen. Zeitmangel ist darum auch einer der meistgenannten Gründe, wenn es beispielsweise um nicht wahrgenommene Vorsorgeuntersuchungen geht.

Historisch besehen definierten sich Männer früher als das „harte“, „schmerzunempfindiche“ und darum besonders leistungsfähige Geschlecht. Ein überkommenes Leitbild, das sich bei vielen Männern jedoch – zumindest unterbewusst – bis heute zu halten scheint.

Was sagt die Statistik?

Statistisch besehen ergibt sich nämlich inzwischen ein komplett anderes Bild. In ihrem „Männergesundheitsbericht“ hat die Stiftung Männergesundheit bereits vor einigen Jahren einige interessante Fakten aufgeführt. Männer sterben nicht nur früher als Frauen, auch unter 65 liegt ihre Sterblichkeit deutlich höher. Männer erkranken häufiger an Krebs und gehen trotzdem deutlich seltener zu Vorsorge-Untersuchungen und Gesundheits-Checks. Und Männer haben auch ein signifikant höheres Risiko an typischen Volksleiden zu erkranken: Von Gicht über Diabetes mellitus bis hin zu Lungenkarzinomen und natürlich koronaren Herzkrankheiten.

Angst vor Krankheit

Eine aktuelle Umfrage hat zudem einen weiteren Grund aufgezeigt. Männer haben Angst. Während geschlechterübergreifend die Angst vor Krankheit von rund zwei Dritteln der Deutschen als für sie zutreffend angesehen wird, geben je nach Alter bis zu 90 Prozent aller Männer zu, Angst vor Krankheiten zu haben.

Das klingt jetzt erstmal widersprüchlich: Angst vor Krankheit und trotzdem nicht zum Arzt gehen! Bei genauerem Hinsehen ergibt sich jedoch eine ganz eigene Logik: Weil der Mann funktionieren will und muss, kann er sich Krankheit nicht erlauben und geht lieber erst gar nicht zum Arzt. Die Ungewissheit steigert dann aber scheinbar doch seine Angst.

Völlig zu Recht, kann ich da nur sagen. Würden Männer häufiger zum Arzt gehen, sich regelmäßig checken lassen und die Angebote zu Vorsorgeuntersuchungen wahrnehmen, würden viele Erkrankungen frühzeitiger entdeckt und könnten viel besser behandelt und häufig sogar geheilt werden.

Das ist eine Tatsache und darum möchte ich alle Männer auffordern, diesem Ratschlag zu folgen.

Und für meine Leserinnen habe ich auch noch einen Tipp: Raten Sie Ihrem Liebsten doch einfach mal, dass er – wenn schon nicht seinetwillen, dann doch bitte für Sie und seine Familie – zur überfälligen Vorsorgeuntersuchung geht. Aus Erfahrung weiß ich, dass dies oft ein Anstoß sein kann.

Zur Person

Prof. Dr. med. Curt Diehm zählt zu den führenden Medizinern im Südwesten Deutschlands, er ist Autor zahlreicher Fach- und Patientenbücher und langjähriger Präsident der Deutschen Gesellschaft für Gefäßmedizin. Seit Mitte 2014 leitet er als Ärztlicher Direktor die renommierte Max Grundig Klinik in Bühl. Alle Beiträge dieser Serie zum Nachlesen unter www.max-grundig-klinik.de.