Eigentlich galt Metformin bei der Behandlung der Zuckerkrankheit schon als ein Auslaufmodell, weil neue Antidiabetica erfolgreich entwickelt waren und auf den Markt kamen. Dann aber sorgten die Ergebnisse einer Studie mit Metformin bei Diabetikern für weltweites Aufsehen. Die Ergebnisse waren spektakulär. Diabetiker in der Metformin- Gruppe lebten länger als die Probanden in der Kontrollgruppe, die keine Diabetes hatten. Metformin schien eindeutig Anti-Aging Effekte zu haben. Das überprüfte man zunächst in Tierversuchen, und da wurde dieser Effekt fast unisono bestätigt. Forscher vermuten seither, dass der antidiabetische Wirkstoff sowohl DNA-Beschädigungen als auch die Zellalterung drosselt.
Großes Aufsehen erregte die TRIIM-Studie der University of California und der Stanford-Universität. Diese Studie untersucht das zentrale Organ des Immunsystems, den Thymus. Dabei nahmen zehn männliche Probanden im Alter von 52 bis 65 Jahren für einen Zeitraum von einem Jahr fünf unterschiedliche Hormone und Vitamine ein. Das Metformin wurde verwendet, um dem ansteigenden Glukosespiegel einer Wachstumshormon-Therapie entgegenzuwirken.
Völlig überraschend kam die Studie zum Resultat, dass der aktive Teil des Thymus wieder an Größe zugenommen hat. Normalerweise bildet sich dieses Organ mit zunehmendem Alter zurück. Die Thymusdrüse spielt eine zentrale Rolle Bei der Infektabwehr. Zudem zeigten sich positive Faktoren, welche die Resistenz eines Organismus gegen Krebserkrankungen verbessern. Die Probanden unter Metformin fühlten sich vitaler und berichteten über weniger graue Haare als vor der Studie. Diese Ergebnisse der TRIIM-Studie weckte das Interesse internationaler Forscher sowie Investoren der Anti-Aging Industrie.
US – Studie soll wichtige Fragen beantworten
In den USA läuft deshalb derzeit eine erste Studie mit 3000 Nicht-Diabetikern: Die TAME (Targeting Aging with Metformin) Studie. Sie will herausfinden, ob Metformin altersbedingte Krankheiten bessern beziehungsweise ihre Entwicklung verzögern können. Diese Studie hat auch eine soziomedizinische Bedeutung, weil die strenge Food and Drug Administration (FDA) in den USA damit anerkannt hat, das Altern eine Krankheit sein kann. Bislang hatte die FDA das Altern nicht als Krankheit anerkannt.Gleichzeitig wird in dieser Endpunkt-Studie sehr genau untersucht, ob Metformin den Alterungsprozess bremsen kann. Die Teilnehmer in dieser Studie sind 65 bis 79 Jahre alt und haben entweder ein Herzleiden, Krebs, eine Demenz oder ein hohes Risiko für einen vorzeitigen Tod. Die Studie wird insgesamt sechs Jahre dauern. Und die wissenschaftliche Welt ist gespannt auf die Ergebnisse. Die Hoffnung der Forscher ist, dass Metformin nicht nur unsere Lebenszeit, sondern vor allem auch unsere Lebensspanne in guter Gesundheit verlängern kann.
Die FDA hat zudem bekannt gegeben, dass derzeit mehr als 1500 klinische Studien registriert wurden, die die günstigen Effekte von Metformin auf die unterschiedlichsten Krankheiten und den Alterungsprozess untersuchen.
Einer der ersten Altersforscher, der sich mit Metformin und dem Alterungsprozess beschäftigt hat, war Doktor David Sinclair von der Harvard Medical School. Er nimmt selbst jeden Tag 1000mg Metformin ein - aber nur an den Tagen, an denen er keinen Sport macht. Eine Studie hat nämlich gezeigt, dass Metformin die sportlichen Trainingseffekte reduzieren kann. Es hemmt den Reparaturprozess an der Muskulatur, beispielsweise nach einem Muskelkater. Nach dem Sport wollen wir aber die Reparaturleistung in den Muskelzellen verbessern.
Zur Person
Prof. Dr. med. Curt Diehm zählt zu den führenden Medizinern im Südwesten Deutschlands, er ist Autor zahlreicher Fach- und Patientenbücher und langjähriger Präsident der Deutschen Gesellschaft für Gefäßmedizin. Seit Mitte 2014 leitet er als Ärztlicher Direktor die renommierte Max Grundig Klinik in Bühl. Alle Beiträge dieser Serie zum Nachlesen unter www.max-grundig-klinik.de.