Warum Schwerhörigkeit bei Kindern so nachhaltig ist
Die Gründe dafür liegen auf der Hand: Kinder werden in ihrer gesamten psycho-sozialen aber auch ihrer neuro-organischen Entwicklung ganz entscheidend in ihren ersten Lebensjahren geprägt. Vereinfacht formuliert: wer nicht richtig hören kann, lernt auch nicht richtig zu sprechen und zu kommunizieren. Und das ist noch nicht alles.In einer Dissertation an der Uni Köln kann man nachlesen, welche Auswirkungen eine kindliche Schwerhörigkeit noch hat. Das reicht von verminderter Lern-, Gedächtnis- und Informationsverarbeitungskompetenz über die bereits genannte Hör- und Sprachentwicklung bis hin zu motorischen Fähigkeiten.
Dabei gibt es heute bereits sehr gute Hörgeräte speziell für Kinder. In besonders schweren Fällen bei einer bis an die Taubheit reichenden Schwerhörigkeit können sogar bei kleinen Kindern schon Cochlea-Implantate eingesetzt werden.
Hörverlust verändert das Gehirn
Für Aufmerksamkeit sorgte in diesem Zusammenhang eine Studie der University of Colorado in den USA. Dort haben Forscher untersucht, wie Schwerhörigkeit das Gehirn von Erwachsenen verändert. Dazu haben sie das Gehirn von Schwerhörigen gescannt und dabei festgestellt, dass es bereits drei Monate nach einem leichten Hörverlust beginnt, sich neu zu organisieren. Schon dann war eine Verlagerung hin zu den Seh- und Tastsinnen festzustellen. Damit einher ging ein deutliches Abnehmen des Sprachverständnisses.Versorgte man diese Menschen mit Hörgeräten, schaltete das Gehirn wieder um und begann, das Sprachzentrum zu reaktivieren.
Ich mag mir gar nicht vorstellen, wie sich das auf die Entwicklung des Gehirns eines Kleinkindes auswirkt.
Wie man Schwerhörigkeit bei Kindern erkennt
Auch, wenn Neugeborene ihren ersten Hörtest im Krankenhaus „bestanden“ haben, sollten Eltern ihre Säuglinge insbesondere in den ersten Lebenswochen genau beobachten. Das raten Kinderärzte immer wieder. Ein typisches Anzeichen wäre beispielsweise, wenn das Baby bei einem lauten Geräusch nicht erschrickt oder einer Schallquelle nicht automatisch die Augen oder den Kopf zuwendet. Bei älteren Kindern können Sie auch den Flüstertest machen. Sprechen Sie Ihr Kind aus rund einem Meter Entfernung mit leiser Stimme an. Falls es mehrfach nicht reagiert, kontaktieren Sie bitte unbedingt Ihren Kinderarzt. Er kann dann einen Hörtest speziell für Kleinkinder oder Kinder durchführen. Vielleicht handelt es sich ja nur um einen Ohrschmalz-Pfropfen oder eine Infektion, die medikamentös behandelt werden kann.Nehmen Sie erste Anzeichen einer Schwerhörigkeit auf jeden Fall bitte nicht auf die schon erwähnte „leichte Schulter“ – Ihrem Kind zuliebe.
Zur Person
Prof. Dr. med. Curt Diehm zählt zu den führenden Medizinern im Südwesten Deutschlands, er ist Autor zahlreicher Fach- und Patientenbücher und langjähriger Präsident der Deutschen Gesellschaft für Gefäßmedizin. Seit Mitte 2014 leitet er als Ärztlicher Direktor die renommierte Max Grundig Klinik in Bühl. Alle Beiträge dieser Serie zum Nachlesen unter www.max-grundig-klinik.de.