Alkohol - die negativen Auswirkungen überwiegen gettyimages.de
Gesund mit Diehm

Alkohol - die negativen Auswirkungen überwiegen

Regelmäßig liest man von angeblich positiven Wirkungen eines Gläschens Wein oder Bier. Doch zeigt eine aktuelle Studie erneut: Alkohol verkürzt die Lebenserwartung, selbst in geringen Mengen genossen. Informationen rund um den menschlichen Körper und die Gesundheit – erklärt von Prof. Dr. Curt Diehm.
Innerhalb bestimmter Grenzen gilt der Konsum von Alkohol als risikoarm. Aufgrund der Inhaltsstoffe von Wein und Bier wird oft sogar von den positiven Effekten für unsere Gesundheit berichtet. Andererseits kennen wir rund 200 Krankheiten, die durch Alkoholkonsum ausgelöst oder verstärkt werden. Und eine Gewöhnung als Vorstufe einer Abhängigkeit tritt viel schneller ein, als viele denken.

Rotwein ist nicht gesünder als anderer Alkohol

An einem Beispiel möchte ich das erklären: In der zweiten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts stellte man fest, dass in Frankreich Herzinfarkte deutlich seltener auftreten, als in Mitteleuropa. Als Begründung wurde schnell der dort verbreitete Rotweinkonsum genannt, zumal Rotwein in großen Mengen das Polyphenol Resveratrol enthält, dem man eine antioxidative Wirkung zuschreibt.

Inzwischen hat man diese Annahme relativiert. Nicht der Rotwein sorgt für weniger Herzinfarkte in Frankreich, sondern vielmehr die dortige im Vergleich zu Mitteleuropa gesündere, mediterrane Kost und der entspannte Lebensstil.
Das bestätigt auch eine 2014 veröffentlichte Studie aus den USA. Sie konnte keinen Zusammenhang zwischen einem hohen Resveratrol-Spiegel und der Gesamtsterblichkeit nachweisen.

Neue Studie beweist: Alkohol verkürzt das Leben

Dementgegen kam erst im Frühjahr 2018 eine großangelegte Untersuchung der University of Cambridge zu dem Ergebnis, dass selbst geringe Mengen von Alkohol die Lebenserwartung verkürzen. Für die Untersuchung, die im angesehenen Wissenschaftsmagazin The Lancet veröffentlicht wurde, hatten die Wissenschaftler insgesamt fast 100 Studien mit rund 600.000 Teilnehmern ausgewertet und die Ergebnisse zusammengefasst.

Hier die wichtigsten Resultate im Überblick. Ab einer Menge von 100 Gramm pro Woche – das entspricht etwa einer Flasche Wein oder 2,5 Litern Bier – wirkt Alkohol bei Männern und Frauen so schädlich, dass die Lebenserwartung sinkt. Bei 100 bis 200 Gramm Alkohol pro Woche um sechs Monate, bei 200 bis 250 Gramm Alkohol pro Woche um ein bis zwei Jahre, und bei mehr sogar um bis zu fünf Jahre.

Mit der Menge des Alkoholkonsums erhöhen sich die Risiken für Schlaganfall, Herzschwäche, Bluthochdruck und Herzinfarkt. Gleiches gilt für die Risiken für Krebs – bei Frauen insbesondere auch Brustkrebs –, für Erkrankungen der Leber, Diabetes und natürlich auch die Folgen des mit hohem Alkoholkonsum oft einhergehenden Übergewichts.

Die Grenzwerte müssen korrigiert werden

Dementgegen stehen die Grenzwerte, die derzeit noch in vielen Ländern gelten. So geht die Deutsche Gesellschaft für Ernährung davon aus, dass pro Woche 140 Gramm Alkohol für Männer und 70 Gramm für Frauen unschädlich seien. In den USA gelten sogar 196 Gramm für Männer und 98 Gramm für Frauen als verträglich. Und auch in Kanada, Italien, Portugal und Spanien liegen die Grenzwerte noch über den Deutschen.

Gemeinsam mit vielen anderen Ärzten fordere ich darum, dass die Richtwerte deutlich nach unten korrigiert werden. Und Ihnen rate ich: trinken Sie weniger Alkohol und genießen Sie jeden Schluck. Ihre Gesundheit wird es Ihnen danken.

Zur Person

Prof. Dr. med. Curt Diehm zählt zu den führenden Medizinern im Südwesten Deutschlands, er ist Autor zahlreicher Fach- und Patientenbücher und langjähriger Präsident der Deutschen Gesellschaft für Gefäßmedizin. Seit Mitte 2014 leitet er als Ärztlicher Direktor die renommierte Max Grundig Klinik in Bühl. Alle Beiträge dieser Serie zum Nachlesen unter www.max-grundig-klinik.de.