Angststörung - Angst lässt Blut in den Adern gefrieren thinkstockphotos.com

Angststörung - Angst lässt Blut in den Adern gefrieren

In seinem aktuellen Beitrag unserer Serie Gesund mit Diehm erklärt Prof. Dr. med. Curt Diehm von der Max Grundig Klinik wie Angststörungen unseren Blutfluss beinflussen können.
Angststörungen gehören zu den wichtigsten Zivilisationskrankheiten unserer Zeit. Die Anzahl der Fehltage von Arbeitnehmern aufgrund psychischer Belastungen hat sich in den vergangenen Jahren dramatisch erhöht. Depressionen und „Burn-out“-Syndrom sind nur die Spitze des Eisberges. In einem sozialen Umfeld, das nicht nur von der Leistungselite, sondern auch von normalen Angestellten eine andauernd hohe Leistungsbereitschaft erfordert, machen sich verschiedene Formen der Angst breit. Verlustängste, Versagensängste, die Angst vor der Beeinträchtigung der Gesundheit, Existenzängste und die Angst vor dem Verlust des Lebenssinns sind nur einige Beispiele, wovor sich Menschen in unserer Gesellschaft fürchten.

Die Hintergründe und therapeutischen Ansätze sind vielschichtig. Aus Sicht des Gefäß-Mediziners möchte ich an dieser Stelle nur einen wenig beachteten Zusammenhang behandeln. Eine Studie der Universität Bonn belegt, dass Menschen mit einer Angststörung zu erhöhter Blutgerinnung neigen. Diese erhöhte Blutgerinnung ist wahrscheinlich die Erklärung dafür, dass betroffene Patienten ein viermal höheres Risiko haben, an einer Herzerkrankung zu sterben als Menschen ohne eine entsprechende Angststörung. Die Studie wurde an Patienten durchgeführt, die zu ausgeprägten Panikattacken neigten. Es gibt also einen direkten Zusammenhang zwischen Psyche und Blutgerinnung. Diese Interrelation gilt vor allen Dingen auch dann, wenn weitere Risikofaktoren wie beispielsweise das Zigarettenrauchen hinzukommen.

Bei Angstzuständen gerät offensichtlich das Gerinnungssystem des Körpers in eine Schieflage. Blutgerinnung und die wichtige spontane Auflösung von entstandenen Gerinnseln, die sogenannte Fibrinolyse, arbeiten nicht mehr balanciert. Bei dem Gegenprozess, der Koagulation, wird das Blut eingedickt, bei der Fibrinolyse wird es flüssiger. Beide Mechanismen sind essentiell. Die Redensart, dass einem vor Schreck das Blut in den Adern gefriere, kann also durchaus wörtlich genommen werden.

Schreck, Angst und Stress machen das Blut dick – und eingedicktes Blut ist ein wichtiger Risikofaktor für Herzinfarkt und Schlaganfall. Die Eindickung des Blutes durch Angst und Panikattacken kann besonders problematisch werden, wenn gleichzeitig der Blutdruck erhöht ist und es bereits Engpässe in den Herzgefäßen oder in den Halsschlagadern gibt. Dann ist die Gefahr einer Gerinnvorbildung dramatisch erhöht.

Tröstlich ist, dass eine effektive Psychotherapie die erhöhte Gerinnungsneigung wieder senken kann. Es scheint, als würde den Glücklichen das Blut in den Adern nicht stocken.

Der Autor

Prof. Dr. med. Curt Diehm zählt zu den führenden Medizinern im Südwesten Deutschlands, er ist Autor zahlreicher Fach- und Patientenbücher und langjähriger Präsident der Deutschen Gesellschaft für Gefäßmedizin. Seit Mitte 2014 leitet er als Ärztlicher Direktor die renommierte Max Grundig Klinik in Bühl. Alle Beiträge dieser Serie zum Nachlesen unter www.max-grundig-klinik.de.



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