Fetale Programmierung - Die Gesundheit des Menschen wird im Mutterleib bestimmt thinkstockphotos.com

Fetale Programmierung - Die Gesundheit des Menschen wird im Mutterleib bestimmt

Der Lebensstil werdender Mütter hat einen direkten Einfluss auf die Kindsentwicklung. Inzwischen zeigt sich aber: die Folgen können weitreichender sein. Sogar über Generationen hinweg.
Dass der Lebensstil werdender Mütter einen direkten Einfluss auf die Entwicklung des Fötus und die Gesundheit des Neugeborenen hat, ist seit langem kein Geheimnis mehr. Bereits vor mehr als 20 Jahren beschrieb der Epidemiologe David Barker in diesem Zusammenhang erstmals epigenetische Mechanismen, eine Art „fetale Programmierung“, die als „Barker-Hypothese“ in die Medizingeschichte einging. Barker untersuchte das Schicksal einer Vielzahl von Kindern, die während des „Holländischen Hungerwinters“ in den Jahren 1944/45 zur Welt gebracht wurden. Die stark untergewichtigen Babies entwickelten im Erwachsenenalter extreme Spätfolgen durch die Unterversorgung im Mutterleib. Dazu zählten unter anderem kardiovaskuläre und metabolische Krankheiten (wie Diabetes, Schilddrüsenerkrankungen u.a.). Die Mangelernährung während der Schwangerschaft hatte offensichtlich in weiterer Folge zu einer besonders guten Kalorienverwertung geführt. (1) Die Entdeckung eines bedeutungsvollen Zusammenhangs!

In den letzten Jahren entwickelte sich die Epigenetik zu einem wichtigen Wissenschaftszweig und liefert immer wieder neue Erkenntnisse, die die Präventivmedizin stark beeinflussen. Mit umfangreichem Studienmaterial und beeindruckenden Forschungsergebnissen beschreibt die Epigenetik die Auswirkung(en) von Faktoren wie Umwelt, Hormone, Stress oder Ernährung auf die Aktivität der Gene. Untersuchungen erwiesen, dass die Folgen des Lebenswandels der Mutter nicht nur die Gesundheit des Kindes (bereits im Mutterleib) beeinflussen, sondern dass die Gesundheit und Krankheit des Menschen für sein gesamtes Leben geprägt werden. Und nicht nur dieses einen Menschen: in weiterer Folge kann dieser genetische Code sogar noch an die nächste Generation vererbt werden! In diesem Zusammenhang sprechen die Forscher von der „intrauterinen Prägung“ (=in der Gebärmutter) – ein Begriff, der für viele Schwangere in naher Zukunft immer mehr an Bedeutung gewinnen wird (2). Die Offenheit für das Thema besteht in der Gesellschaft durchaus – das Interesse und ein steigendes Bewusstsein für einen gesunden Lebensstil und eine gute Ernährungsweise werden als wichtige Pfeiler der Prävention anerkannt.

Die Genaktivität des Kindes wird in sogenannten zeitlichen Fenstern („windows of opportunity“) in besonderem Maße geprägt. Die intrauterine Entwicklung ist hierbei das wichtigste Fenster. Die Kinder werden in dieser entscheidenden Phase für das gesamte spätere Erwachsenenleben geprägt. (1)

Stichwort Nahrungsmittelsupplementation: Was man jetzt weiß ist, dass die körperliche und geistige Entwicklung des Kindes und die spätere Gesundheit des Erwachsenen stark von der entsprechenden Versorgung mit hochwertigen Makro-aber auch Mikronährstoffen während der Schwangerschaft abhängt. In diesem Zeitraum besteht ein gesteigerter Bedarf an speziellen Nährstoffen, die nicht ausreichend über die Nahrung aufgenommen werden können. Dies muss über Supplementation ausgeglichen werden. Bei der Auswahl der Supplemente sind besonders die Resorption, Bioverfügbarkeit (Aufnahme und Verfügbarkeit eines Stoffes am Wirkort) und die Wirkung im Organismus zu berücksichtigen.

Zum Thema:
Ernährung in der Schwangerschaft - darauf muss Mutter achten


Experte: Prof. Dr. Bernd Kleine-Gunk, Leiter der Schön Klinik Nürnberg/Fürth und Präsident der Deutschen Gesellschaft für Prävention und Anti Aging Medizin e.V.

Hinweis: Der Text wurde von der Deutsche Gesellschaft für Prävention und Anti Aging Medizin im Rahmen einer Pressemitteilung zur Verfügung gestellt.

Quellen:
1) Barker DJ, Winter PD, Osmondl C, Matgetts B, Simmonds SJ: Weight in infancy and death from ischaemic heart disease, Lancet 1989; 2: 577-580.
2) Plagemann A, Rodekamp E, Harder T, Dudenhausen JW: Spätfolgen der intrauterinen Prägung. In: Dudenahusen JW (Hrsg) Das vorgeburtliche Wachstum des Kindes – Prägung und Schicksal. Urban und Vogel, München 2007 pp 9-22