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Experteninterview

Alterssichtigkeit: Was gesunde Augen ab 45 brauchen

Alterssichtigkeit ist ein Phänomen, das jeden Menschen betrifft. Sie ist jedoch korrigierbar.  Augenarzt Dr. Martin Bechmann erklärt im Experteninterview, was Augen ab 45 brauchen.
Herr Dr. Bechmann, wie verändern sich Augen ab Mitte 40?
Dr. Bechmann: Mit ungefähr 45 Jahren beginnt ein schleichender Prozess, den nicht jeder gleich bemerkt: Die körpereigenen Linsen verlieren an Flexibilität. Das Linsengewebe wird zunehmend steifer. Damit können sie sich nicht mehr richtig wölben und sich damit auch nicht mehr ausreichend auf das Nahsehen einstellen. So kommt es zur so genannten Alterssichtigkeit. Unabhängig von einer bereits vorhandenen Kurz- oder Weitsichtigkeit wird zusätzlich eine Lesebrille notwendig.

Welche Möglichkeiten hat der Augenarzt, die Alterssichtigkeit zu korrigieren?
Dr. Bechmann: Am weitesten verbreitet sind Gleitsicht- oder Lesebrillen. Gleitsichtbrillen sind allerdings sehr gewöhnungsbedürftig und verursachen leider oft Schwindel und Kopfschmerzen. Auch Lesebrillen sind nicht unbedingt problemlos: Niemand hat Lust, seine Brille  derart häufig auf- und abzusetzen, wie es im Tagesablauf dann oft notwendig wird. Die Lesebrille kommt schließlich nur zum Einsatz, wenn in der Nähe etwas gelesen werden muss. Beide Varianten sind mit erheblichen Kosten und aufwändigem Handling verbunden.

Gibt es keine unauffälligere Hilfe bei Alterssichtigkeit?
Dr. Bechmann: Kontaktlinsen bieten eine weitere Möglichkeit zur Korrektur der Alterssichtigkeit. Sie müssen allerdings sehr genau angepasst werden. Außerdem muss sich der Träger wirklich konsequent an die hygienische Handhabung halten, um keine Infektionen zu riskieren. Als gute Alternative hat sich der Austausch der eigenen eingesteiften Linse durch „intelligente Kunstlinsen“ etabliert. Sie teilen das Licht in mehrere Brennpunkte, um das Sehen in unterschiedlichen Entfernungen zu ermöglichen. Man spricht daher auch von multifokalen Linsen. Der Patient profitiert von der vollständigen Brillenfreiheit im Alltag: Neben Ferne und Nähe wird mit den Linsen der neuen Generation auch der mittlere Bereich scharf abgebildet. Somit entfällt das Tragen einer Fern- sowie einer Lesebrille komplett.

Wie verläuft dieser Austausch der Linse?
Dr. Bechmann: Bei der Implantation einer multifokalen Linse wird die körpereigene Linse durch eine künstliche Linse ausgetauscht. Durch einen minimalen Schnitt am Rand der Hornhaut wird die ursprüngliche Linse entfernt und die künstliche eingesetzt. Der feine Schnitt muss nicht vernäht werden, er heilt von alleine. Schon am Tag nach der Operation ist eine deutliche Verbesserung der Sehleistung festzustellen. Nicht nur die Alterssichtigkeit, sondern auch bestehende Weit- oder Kurzsichtigkeiten werden damit ausgeglichen. Die Implantation einer Kunstlinse ist die in Deutschland am häufigsten durchgeführte Operation. Der minimalinvasive Eingriff erfolgt ambulant und dauert etwa zehn Minuten pro Auge. Beide Augen werden im Abstand von ca. einer Woche behandelt.

Gibt es Nebenerscheinungen bei alterssichtigen Augen?
Dr. Bechmann: Häufig kommen zur Alterssichtigkeit auch Beschwerden wie trockene und brennende Augen hinzu. Das erklärt sich damit, dass die Versorgung der Hornhaut mit Fett und Tränenflüssigkeit nicht mehr ausreicht. Hier hilft künstliche Tränenflüssigkeit oft sehr gut. Achten Sie beim Einsatz dieser Produkte bitte streng auf das Verfallsdatum.

Was raten Sie Betroffenen für den Alltag?
Dr. Bechmann: Man kann seinen Augen auch ohne großen Aufwand viel Gutes tun: Regelmäßige Bewegung an der frischen Luft fördert die Durchblutung und die Sauerstoffversorgung (auch) der Augen. Wer länger am Computer arbeitet, sollte bitte regelmäßig kurze Entspannungspausen einlegen und dabei in die Ferne blicken. Beim Lesen und Arbeiten ist eine ausreichende Beleuchtung wichtig, damit sich die Augen nicht überanstrengen. Es gibt aber auch das Phänomen von zu viel Helligkeit: Bei Sonnenschein ist eine Sonnenbrille Pflicht. Sie schützt die Augen vor UV-Strahlung und vor den schädlichen freien Radikalen.

Welche Rolle spielt die Ernährung? Sind Möhren tatsächlich gut für die Augen?
Dr. Bechmann: Eine ausgewogene, vitaminreiche Ernährung beeinflusst die Gesundheit - nicht nur der Augen - positiv. Viel frisches Obst, Gemüse und zweimal die Woche Fisch wegen der enthaltenen Omega-3-Fettsäuren sind prima. Spinat und Brokkoli können das Risiko einer Netzhautdegeneration verringern. Antioxidantien beeinflussen den Sehvorgang positiv. Generell führt eine vitaminreiche Kost zur Abwehr schädlicher freier Radikale. Der Glaube, dass Möhren für scharfe Augen sorgen, stimmt allerdings nur bedingt: Sie enthalten vor allem Vitamin A und seine Vorstufe Beta-Carotin. Beide Nährstoffe sind Bestandteil des Sehpigments und beeinflussen das Hell-Dunkel-Sehen positiv. Sie tun sich mit einem Möhrensnack also in jedem Fall Gutes, sorgen damit aber nicht für eine Verbesserung Ihrer Sehschärfe.

Welchen Tipp haben Sie für Patienten, denen die Gesundheit der Augen am Herzen liegt?
Dr. Bechmann: Vorsorge, Vorsorge, Vorsorge. Und die gehört in die Hände des Facharztes. Ab dem 40. Lebensjahr spätestens sollte jeder einmal im Jahr eine Kontrolluntersuchung beim Augenarzt absolvieren. So wird die Alterssichtigkeit frühzeitig erkannt. Aber auch die Früherkennung von Krankheiten wie dem Grauen und Grünen Star oder der altersbedingten Makuladegeneration ist damit gewährleistet. Je eher diese Krankheiten erkannt werden, desto besser können sie behandelt werden.

Zur Person: Dr. med. Martin Bechmann ist Facharzt für Augenheilkunde und Klinikleiter an der Smile Eyes Augenklinik Airport München.

Pressemitteilung ABC Healthcare