Vagusnerv – Stimulation gegen Übergewicht? Tumisu auf Pixabay

Vagusnerv – Stimulation gegen Übergewicht?

Neue Untersuchungen belegen, welchen Einfluss unsere Nerven auf unser Essverhalten und damit auch auf Übergewicht haben. Informationen rund um den menschlichen Körper und die Gesundheit – erklärt von Prof. Dr. Curt Diehm.
„Man ist, was man isst“, heißt es im Volksmund. Dem ist eigentlich nichts hinzuzufügen, außer vielleicht, dass es heute noch besser heißen müsste: „Man ist, was und wieviel man isst.“ Denn wir leben heute in einer Zeit des Überflusses und das erwähnte Zitat stammt bereits aus dem Jahr 1850. Es geht auf den deutschen Philosophen Ludwig Feuerbach zurück, der sagte: „Der Mensch ist, was er isst.“
Der Überfluss spielt auch eine wichtige Rolle bei einer aktuellen Untersuchung, die ich Ihnen kurz vorstellen möchte.

Der Vagusnerv

Forscher des Kölner Max-Planck-Instituts für Stoffwechselforschung haben nun nämlich erstmals untersucht, welche Rolle der Vagusnerv bei unserem Essverhalten spielt. Als längster unserer zwölf Hirnnerven steuert er unter anderem Funktionen im Körper, die ihm helfen, zu regenerieren. Darum wird er häufig auch als „Ruhe-Nerv“ bezeichnet. Neben der Erholung und Ruhe ist er aber auch für die Verdauung zuständig, denn er läuft vom Hirnstamm über Hals und Brust bis in den Bauchraum.

Dabei gilt er als Vermittler zwischen Magen und Darm und versorgt unser Gehirn – während wir essen – mit wichtigen Informationen. Darauf basierend wird fortlaufend der Blutzuckerspiegel angepasst und unser Sättigungsgefühl gesteuert. Und genau das haben die Forscher nun gezielter untersucht und durch ein genetisches Verfahren in Mäusen sichtbar gemacht.

Satt und trotzdem hungrig

Dabei haben sie festgestellt, dass ein Teil der Nervenzellen die Ausdehnung des Magens erkennt. Werden diese Nervenzellen aktiviert, essen die Mäuse deutlich weniger. Eine andere Gruppe von Nervenzellen nimmt vor allem chemische Signale aus dem Darm auf. Sie hat keinen direkten Einfluss auf die Nahrungsmenge, steuert aber den Blutzuckerspiegel.

Was lernen wir daraus? Die Forscher interpretieren ihre Ergebnisse so, dass – vereinfacht gesagt – viel Essen oder Nahrung mit großem Volumen den Magen ausdehnt, die dortigen Nerventypen aktiviert und so ein Sättigungsgefühl entsteht. Nahrung mit hoher Nährstoffdichte dagegen aktiviert die Nervenzellen im Darm, der Blutzuckerspiegel steigt, wir essen aber dennoch weiter.

Auf Basis dieser Ergebnisse sollen nun neue Ansätze gegen Übergewicht und der daraus resultierenden Diabetes entwickelt werden. Ich möchte dem aber noch eine persönliche Anmerkung hinzufügen:

Verlassen Sie sich beim Essen nicht nur auf ihr vom Gehirn gesteuertes Sättigungsgefühl. Schalten Sie vielmehr beim Essen „ihr Gehirn ein“ und denken Sie darüber nach, was und wieviel Sie essen. Das ist auf jeden Fall besser und gesünder als jede Diät.

Der Vagusnerv, der Signale von allen Organen zum Gehirn sendet, beeinflusst auch unser Sättigungsgefühl. Die Stimulation dieser Nerven kann sehr gut im Kampf gegen Übergewicht genutzt werden.

Zur Person

Prof. Dr. med. Curt Diehm zählt zu den führenden Medizinern im Südwesten Deutschlands, er ist Autor zahlreicher Fach- und Patientenbücher und langjähriger Präsident der Deutschen Gesellschaft für Gefäßmedizin. Seit Mitte 2014 leitet er als Ärztlicher Direktor die renommierte Max Grundig Klinik in Bühl. Alle Beiträge dieser Serie zum Nachlesen unter www.max-grundig-klinik.de.

 

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