Ist Impfen gefährlich? gettyimages -- Alles zum Thema Impfung
Gesund mit Diehm

Ist Impfen gefährlich?

Die Frage, ob Impfen gefährlich ist, stellt sich aus Sicht eines seriösen Mediziners nicht. Die Frage müsste, wenn dann lauten: Wie gefährlich ist Nicht-Impfen? Wie wichtig Impfen ist, sieht man auch und besonders bei der aktuellen weltweiten Suche nach einem Impfstoff gegen den Corona-Virus. Informationen rund um den menschlichen Körper und die Gesundheit – erklärt von Prof. Dr. Curt Diehm.
Die erste Impfung entwickelte der englische Arzt Edward Jenner vor über 200 Jahren. Er infizierte 1796 einen Jungen mit Kuhpocken und machte ihn so gegen die gefährliche Pockeninfektion des Menschen immun. Seinen Impfstoff nannte er Vaccine, nach der lateinischen Bezeichnung "vacca" für Kuh.

Das Königreich Bayern und das Großherzogtum Hessen führten daraufhin bereits 1807 die Impflicht ein. Nachdem 1870/71 eine Pockenepidemie in Deutschland 125.000 Todesopfer gefordert hatte, wurde 1874 das Reichsimpfgesetz erlassen. Es bestimmte, dass Kinder sowohl im ersten als auch im zwölften Lebensjahr geimpft werden müssen. Bei Nichtbefolgung drohten Geld- und Haftstrafen.

Seitdem haben sich Impfungen immer weiter entwickelt und wurden im vergangenen Jahrhundert zu einem – so möchte ich es ausnahmsweise ganz bewusst nennen – „Segen für die Menschheit“. Pocken gelten als ausgerottet. Einstige Geißel wie Tollwut, Tetanus, Poliomyelitis (Kinderlähmung) oder Diphterie stellen heute zumindest in den Industrienationen kaum noch eine Gefährdung dar. Impfungen gegen Lungenentzündungen können gerade jetzt in der Corona-Zeit lebensrettend sein.

Impfungen sind wichtig, richtig und wertvoll

Warum dieser etwas ausführlichere, historische Abriss? Ganz einfach: es gibt keinen besseren Beweis dafür, wie wichtig, richtig und wertvoll Impfungen waren und sind. Dennoch sind sie gerade in den vergangenen Jahren stark in die öffentliche Diskussion geraten.

Dabei besteht heute aus wissenschaftlicher Sicht nicht der geringste Zweifel an der Wirksamkeit von Impfungen und deren Bedeutung für die Volksgesundheit. Das angesehene Robert-Koch-Institut, das auf seinen Seiten www.rki.de umfassend zu dem Thema informiert, fasst dies wie folgt treffend zusammen:

„Impfungen gehören zu den wichtigsten und wirksamsten präventiven Maßnahmen, die in der Medizin zur Verfügung stehen. Moderne Impfstoffe sind gut verträglich, unerwünschte Arzneimittelwirkungen werden nur in seltenen Fällen beobachtet. Unmittelbares Ziel der Impfung ist es, den Geimpften vor einer ansteckenden Krankheit zu schützen. Bei Erreichen hoher Impfquoten ist es möglich, einzelne Krankheitserreger regional zu eliminieren und schließlich weltweit auszurotten.“ Die Richtlinien für Impfungen in Deutschland werden seit 2004 von der Ständigen Impfkommission der Bundesregierung (STIKO) festgelegt.

Von Bots und Trollen

Doch gibt es – scheinbar – dennoch so viele Impfgegner? Aus meiner eigenen Erfahrung würde ich das grundsätzlich verneinen. Es sind vielmehr einige wenige, die zudem besonders laut und medienwirksam auf sich aufmerksam machen. Moralisch überhöhte Vorstellung von körperlicher Reinheit und Natürlichkeit werden dann ins Feld geführt. Oder Äußerungen wie „Impfungen verletzen meine Kinder“.

Interessant fand ich in diesem Zusammenhang eine Studie der George Washington University, die 2018 in den USA veröffentlicht wurde. Zusammengefasst besagt die Untersuchung, dass angeblich russische Software-Roboter – Bots und Trolle genannt – ganz bewusst die Impf-Debatte genutzt haben, um mit kritischen Impf-Äußerungen auf Twitter auf ihre Seiten zu leiten. So entstand der Eindruck, es gäbe eine sehr kontroverse Debatte zum Thema Impfen, was aber gar nicht den Tatsachen entsprach.

Abschließend darum mein dringender Appell insbesondere an alle Eltern. Denken Sie an das Wohl Ihrer Kinder, für das Sie verantwortlich sind. Und denken Sie auch daran, dass Sie oder ihre Eltern vielleicht an Kinderlähmung oder Pocken erkrankt wären, wenn Sie damals nicht dagegen geimpft worden wären. Falls Sie trotzdem Zweifel haben, wenden Sie sich an den Arzt Ihres Vertrauens und reden Sie mit ihm darüber.

Zur Person

Prof. Dr. med. Curt Diehm zählt zu den führenden Medizinern im Südwesten Deutschlands, er ist Autor zahlreicher Fach- und Patientenbücher und langjähriger Präsident der Deutschen Gesellschaft für Gefäßmedizin. Seit Mitte 2014 leitet er als Ärztlicher Direktor die renommierte Max Grundig Klinik in Bühl. Alle Beiträge dieser Serie zum Nachlesen unter www.max-grundig-klinik.de.