Die aktuelle Studienlage
Die oftmals zitierte positive Wirkung von Zink bei Erkältungskrankheiten beruht im Wesentlichen auf mehreren Studien der Ohio State University im US-amerikanischen Columbus. Wissenschaftler dort hatten bei Mäusen beobachtet, dass es nach einer mehrwöchigen zinkfreien Ernährung zu einer verstärkten Immunreaktion auf bakterielle Infektionen der Blutbahn kam. Allerdings lässt sich dieses Ergebnis nicht einfach auf Menschen übertragen.Auch Mitarbeiter der Cochrane Collaboration – einem internationalen Netz von Wissenschaftlern und Ärzten – kommen nach einer aktuellen Auswertung der Studienlage zu dem Resultat: Die zusätzliche Einnahme von Zink in Form von Sirup, Lutschtabletten oder anderen Tabletten kann zwar die Dauer eines grippalen Infekts um einen halben bis zu einem Tag verkürzen. Der Schweregrad der Erkältungssymptome wurde durch die Einnahme jedoch nicht beeinflusst.
Allerdings stellten sich diese Effekte nur bei einer extrem hohen Zinkdosierung ein, die bei vielen der Probanden zu unerwünschten und unangenehmen Nebenwirkungen führte. Die Wissenschaftler empfehlen darum diplomatisch, den wahrscheinlichen Nutzen sehr genau gegen die Nebenwirkungen abzuwägen.
Was offizielle Stellen sagen
Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (European food safety authority, EFSA) empfiehlt für Erwachsene eine Höchstmenge von 25 mg Zink pro Tag. Wer mehr einnimmt, muss mit Nebenwirkungen wie Übelkeit, Erbrechen, Bauchschmerzen, Krämpfen oder Durchfall rechnen. Eine längerfristige Überdosierung kann sogar zu Kupfermangel und einer daraus resultierenden Blutarmut führen.Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfiehlt sogar, dass Erwachsene nicht mehr als 10 mg Zink pro Tag zu sich nehmen sollten. Ein Wert, der von den im Handel befindlichen Zink-Tabletten oft deutlich überschritten wird.
Ernähren Sie sich bewusst
Darum mein Rat: Ernähren Sie sich gesund, dann müssen Sie auch keinen Zinkmangel fürchten. Hülsenfrüchte und Getreide sind wichtige Zinkquellen. Auch in Fleisch – insbesondere in rotem – und Milchprodukten ist Zink enthalten. In Schalentiere und Innereien ist auch viel Zink. Sollten Sie sich dagegen beispielsweise vegetarisch ernähren, dann sprechen Sie mit Ihrem Arzt. Er sollte immer Ihre erste Anlaufstelle sein, wenn es darum geht, einen eventuellen Mangel festzustellen und dann gezielt auszugleichen.Der unbedarfte und unkontrollierte Griff zu Nahrungsergänzungsmitteln kann im Zweifelsfall eher schaden als nutzen – auch, wenn Ihnen die Werbung oft etwas anderes weismachen möchte.
Zur Person
Prof. Dr. med. Curt Diehm zählt zu den führenden Medizinern im Südwesten Deutschlands, er ist Autor zahlreicher Fach- und Patientenbücher und langjähriger Präsident der Deutschen Gesellschaft für Gefäßmedizin. Seit Mitte 2014 leitet er als Ärztlicher Direktor die renommierte Max Grundig Klinik in Bühl. Alle Beiträge dieser Serie zum Nachlesen unter www.max-grundig-klinik.de.