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Oxytocin-Nasensprays gegen soziale Ängste

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Wissenschaftler der Universität Zürich beobachteten bereits im Jahr 2008, dass das Verabreichen eines oxytocinhaltigen Nasensprays positive Auswirkungen auf das soziale Miteinander zeigt. Eine Arbeitsgruppe der Universitätsklinik für Allgemeine Psychiatrie in Heidelberg überprüft jetzt, inwieweit Borderline-Patienten von der Wirkung des Sprays profitieren können.

Oxytocin ist ein körpereigenes Hormon, auch Bindungshormon, das durch sanftes Berühren, Streicheln oder Stillen ausgeschüttet wird. Streitende Paare, die das Spray während der 2008 durchgeführten Studie benutzten, verhielten sich kooperativer und freundlicher als Vergleichsprobanden. Oxytocin-Sprays als eine Art beziehungskittendes Medikament zu verheißen, war zum damaligen Zeitpunkt jedoch undenkbar. Zu komplex und willkürlich ist das Zusammenspiel verschiedenster Reize, die eine solche Situation und damit verbundene Verhaltensweisen auslösen.

Dennoch ist die Wirkung von Oxytocin aus verhaltenstherapeutischer Sicht nicht uninteressant, weiß die Arbeitsgruppe der Universitätsklinik für Allgemeine Psychiatrie in Heidelberg. Die Wissenschaftler zeigten in einer Studie (2013), dass sich das verabreichte Hormon positiv auf Patienten mit einer Borderline-Persönlichkeitsstörung auswirke.

Angst vor Ablehnung

Beim sogenannten Borderline-Syndrom handelt es sich um eine psychische Störung, die meist mit heftigen Stimmungsschwankungen oder Gefühlsausbrüchen einhergeht. Ausgelöst durch traumatische Erlebnisse in der Kindheit, leben Menschen mit dieser Störung in ständiger Sorge, von Mitmenschen abgelehnt zu werden. Zudem wurde belegt, dass Borderline-Patienten einem bösen Gesichtsausdruck unbewusst mehr Aufmerksamkeit schenken als gesunde Testpersonen. Betroffene versuchen so Ausdrucksweisen und Verhalten anderer stärker zu interpretieren und reagieren sowohl empfindlicher als auch heftiger auf die Signale ihres Gegenübers.

Die Studie

In der Studie erhielten 40 Patienten und 41 gesunde Vergleichspersonen das Hormon Oxytocin in Form eines Nasensprays oder ein Placebo. Anschließend wurde überprüft, wie lang Probanden unterschiedliche Gesichtsausdrücke beobachteten, indem man ihre Augenaktivität erfasste. Gleichzeitig konnten Hirnaktivitäten mithilfe einer Magnetresonanztomographie dargestellt werden. Während bei Borderline-Patienten ohne Oxytocin-Behandlung aufgrund intensiver Mimikbeobachtungen eine erhöhte Gehirnaktivität festzustellen war, konnte das Hormon jene Reaktionskette auf ein normales Niveau absenken.

Oxytocin in der Therapie

Derzeit versucht man in weiteren Studien zu prüfen, wie sich die Wirkung des Oxytocins auf die Gefühlsebene der Probanden auswirkt. Interessant für die Arbeitsgruppe ist zudem, ob das mitunter aggressive Verhalten der Patienten abgemildert werden kann. Als Medikament könne man das Hormon allerdings nicht einsetzten, da die Halbwertszeit eines Hubs des Sprays nur 45 Minuten beträgt. Jedoch wisse man um die Bedeutung der Wirkung, die durchaus zur Unterstützung einer Psychotherapie eingesetzt werden kann, damit Borderline-Patienten die Behandlung als weniger bedrohlich empfinden und somit leichter Vertrauen aufbauen. Allerdings müsse das, laut Studienleiterin Katja Bertsch, weiter untersucht werden.

 

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