Gesund und fit durch die dunkle Jahreszeit pixabay.com
Gesund mit Diehm

Gesund und fit durch die dunkle Jahreszeit

Wer in unseren Breitengraden aufgewachsen ist, hat eine feine Sensorik für die unterschiedlichen Jahreszeiten entwickelt. Unsere Sinne und Stimmungen wissen auch ohne den Blick auf den Kalender, dass es langsam Herbst wird, die dunkle Jahreszeit steht an. Erste Erkältungssymptome schleichen sich ein, die in diesem Jahr nicht mehrheitlich mit Corona zusammenhängen. Es fällt wieder schwerer, den inneren Schweinehund bei Arbeit und Sport zu überwinden. Der Körper stellt sich peu a peu auf den Winter um.
Die Mechanismen sind recht gut bekannt: der Schlafbotenstoff Melatonin, der in der Zirbeldrüse gebildet wird, steigt an und die Serotoninspiegel fallen ab. Das sind die Auslöser für eine trübe Befindlichkeit, in der Fachwelt auch SAD (saisonale affektive Störung) genannt. Die daraus folgenden klinischen Symptome können Heißhunger (besonders auf Kohlenhydrate), Müdigkeit sowie Antriebs- und Freudlosigkeit sein. Alles Sachen, die man nicht braucht.

Gerade jetzt, wenn rund 70 Prozent der Bevölkerung auf den Jahreszeitenumschwung mit einem mehr oder weniger ausgeprägten Herbst/Winter-Blues reagieren, sollten Sie bewusst gegensteuern. Es gibt eine Menge Dinge, die Sie tun können, um sich mental und körperlich fit zu halten.

Im Übrigen hat die dunkle Jahreszeit auch etwas Positives: die Nächte werden länger und wir schlafen dadurch in der Regel eine Stunde mehr.

Was kann man machen?

Die Grippeschutzimpfung ist in diesem Jahr Pflicht. Mit Social Distancing und Maske können wir nicht nur das Coronavirus in Schach halten, sondern auch andere virale Infekte wie die klassische Influenza. Ab Mitte Oktober macht sie Sinn. Insbesondere auch, weil Experten für diesen Herbst und Winter einen Anstieg der Grippefälle erwarten. Unser Immunsystem ist auf Influenza schlecht vorbereitet. Durch die intensiven Corona-Hygienemaßnahmen sind wir nicht mehr trainiert.

Bewegung bleibt auch in der dunklen Jahreszeit das A und O. Ausgedehnte Spaziergänge können Joggen und Radfahren ersetzen. Gehen Sie am besten um die Mittagszeit raus zum Sport, weil da das Tageslicht am hellsten ist. Tageslicht wirkt selbst bei bewölktem Himmel zwei- bis dreimal stärker als Kunstlicht. Es kurbelt zusammen mit der frischen Luft das Immunsystem an. Dieses brauchen wir gerade im Herbst und Winter, weil wir in diesen Jahreszeiten vermehrt von Bakterien und Viren umgeben sind.

Sollte das Wetter für Sport im Freien tatsächlich zu schlecht sein, geht es auch indoor, beispielsweise im Fitnessstudio, Yoga-Raum oder Hallenbad. Zur Stärkung des Immunsystems sind aus meiner Sicht moderate Ausdauersportarten mit niedriger Herzfrequenz besonders empfehlenswert. Erschöpfende Belastungen hingegen schwächen kurzfristig die Immunabwehr. Neuere Studien der Sporthochschule Köln haben sogar gezeigt, dass moderate Ausdauerbelastungen entzündungshemmende Immunzellen im Blut, die sogenannten regulatorischen T-Zellen, aktivieren können.

Saunagänge sind Balsam für den Körper. Die Temperaturschwankungen verändern und erweitern die Blutgefäße. Der Kalt-Warm-Wechsel mobilisiert die Immunabwehr.

Bei der Ernährung gilt es derzeit, möglichst viele Glückshormone zu bilden. Insbesondere Bananen, Nüsse und Schokolade steigern die Produktion der Aminosäure Tryptophan, eine Vorstufe des Botenstoffes Serotonin. Auch Düfte können das Wohlbefinden erhöhen - etwa Bergamotte und Jasmin-Öl. Umgeben Sie sich zudem mit bunten Farben. Und vergessen Sie vor allem nicht die sozialen Kontakte. Regelmäßige Abendessen mit guten Freunden hebt die Stimmung beträchtlich.

Machen Nahrungsergänzungen in der dunklen Zeit Sinn?

Grundsätzlich bin ich kein Freund von Pillen. Ob beispielsweise eine Vitamin-D-Substitution vorteilhaft ist, ist wissenschaftlich noch nicht untermauert. Es gibt aber Hinweise darauf, dass dieses „Sonnenvitamin“ die Funktion des Immunsystems unterstützt. Weniger Tageslicht und weniger Sonne bedeuten immer auch weniger körpereigene Vitamin-D-Produktion. Im Sommer können wir mit der natürlichen Lichtquelle Sonne 80-90 Prozent unseren Vitamin-D-Bedarfs decken. In unserer Nahrung findet sich Vitamin D in fetten Fischen wie Hering und Lachs, aber auch in Eiern, Käse, Butter und vor allem Lebertran.

Da der Körper Zink nicht speichern kann, müssen wir Zink kontinuierlich aufnehmen. Es findet sich in tierischen Produkten wie Fleisch, Milch, Fisch, Eiern und in Vollkornprodukten sowie in Nüssen. Ob ein Zinkpräparat im Winter zugeführt werden soll, muss jedoch am Ende wie bei einer Vitamin-D-Substitution ein Austausch mit dem Arzt des Vertrauens ergeben.

Zur Person

Prof. Dr. med. Curt Diehm zählt zu den führenden Medizinern im Südwesten Deutschlands, er ist Autor zahlreicher Fach- und Patientenbücher und langjähriger Präsident der Deutschen Gesellschaft für Gefäßmedizin. Seit Mitte 2014 leitet er als Ärztlicher Direktor die renommierte Max Grundig Klinik in Bühl. Alle Beiträge dieser Serie zum Nachlesen unter www.max-grundig-klinik.de.