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Gesund mit Diehm

E-Zigaretten – Kann man gesünder rauchen?

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Elektronische Zigaretten sind auf dem Vormarsch. Oft heißt es, mit ihnen können man „gesünder“ rauchen. Stimmt das wirklich? Informationen rund um den menschlichen Körper und die Gesundheit – erklärt von Prof. Dr. Curt Diehm.
Rauchen war – so kann man es heute rückblickend sagen – eine Zeitlang wirklich „out“. Die Tabakwerbung verbannt griffen immer weniger Jugendliche zum Glimmstengel, durch das Rauchverbot in öffentlichen Räumen und Restaurants hörten auch eingefleischte Raucher auf. Doch inzwischen scheint sich der Trend umzudrehen. Überall schießen Shisha-Bars aus dem Boden, E-Zigaretten und Tabakverdampfer werden als Lifestyle-Produkte gesehen, die angeblich „gesünder“ oder zumindest „weniger schädlich“ sein sollen.

Iqos – Das Milliarden-Dollar-Geschäft

Wohl motiviert durch den Rückgang bei klassischen Tabakprodukten hat der amerikanische Tabakkonzern Philip Morris 2017 sein neues Produkt Iqos auf den Markt gebracht, bei dem Tabaksticks nicht verbrannt, sondern „nur“ erhitzt werden. Allein die Entwicklung soll Milliarden gekostet haben und bereits Ende 2018 nutzten laut Konzernangabe EU-weit 1,3 Millionen Menschen das neue Produkt – Tendenz rasant steigend. Dabei bewirbt Philip Morris Iqos ganz offensiv damit, dass durch das Erhitzen deutlich weniger Schadstoffe entstehen würden. Theoretisch ist das richtig, denn beim herkömmlichen Zigarettenrauchen wird Tabak an der Zigarettenspitze mit einer Temperatur von 800 – 900 Grad Celsius verbrannt. Was dabei an Schadstoffen entsteht ist beängstigend. Durch das Erhitzen werden es deutlich weniger. Aber: Die Feinstaub-Konzentration ist dabei nicht wesentlicher geringer und gleichzeitig wird weiterhin das Nervengift Nikotin konsumiert, das psychisch und physisch abhängig macht und dessen Auswirkungen auf den Körper immer noch erforscht werden.

Verdampfer – mit Pfirsichgeschmack gegen das schlechte Gewissen

Ähnliches gilt für die Verdampfer, oftmals als preiswerte Alternative zum klassischen Rauchen gepriesen. Dabei werden so genannte Liquids erhitzt und die Industrie wirbt damit, es entstehe „kein Rauch“, sondern ein „Aerosol“. Das klingt natürlich deutlich „gesünder“, ist es aber nicht. Denn in Deutschland sind 90 Prozent der zum Kauf angebotenen Liquids ebenfalls mit Nikotin versetzt. Außerdem werden Chemikaliengemische mit Geschmacksrichtungen von Erdbeere, Pfirsich bis zu Cappuccino, Banane oder Schokolade angeboten, bei denen ich gar nicht wissen möchte, wie sich diese auf die Bronchien und das Lungengewebe auswirken.
Das alles trifft natürlich auch auf die Shisha zu, die aus dem indischen und orientalischen Raum bekannte Wasserpfeife.

Sind E-Zigaretten gesünder? Das sagt die Medizin

Aus ärztlicher Sicht kann man nur ganz klar und offen sagen: Rauchen ist und bleibt schädlich, egal in welcher Form. Über die Konsequenzen für Lunge, das Herz-Kreislaufsystem und die Durchblutung wurde bereits viel geschrieben. Das meiste davon wird auch für E-Zigaretten und Verdampfer seine Gültigkeit behalten. Da sind sich führende Mediziner und Wissenschaftler bereits heute einig. Weil viele der Produkte jedoch erst relativ neu auf dem Markt sind, liegen noch keine Langzeit-Forschungsergebnisse vor. Definitives werden wir frühestens in zehn oder 20 Jahren wissen. Bis dahin sehe ich alle Konsumenten dieser neuen Produkte als menschliche Versuchskaninchen, die sich höchstwahrscheinlich bereits in wenigen Jahren sehr darüber ärgern werden, diesen neuen Trend mitgemacht zu haben.

Zur Person

Prof. Dr. med. Curt Diehm zählt zu den führenden Medizinern im Südwesten Deutschlands, er ist Autor zahlreicher Fach- und Patientenbücher und langjähriger Präsident der Deutschen Gesellschaft für Gefäßmedizin. Seit Mitte 2014 leitet er als Ärztlicher Direktor die renommierte Max Grundig Klinik in Bühl. Alle Beiträge dieser Serie zum Nachlesen unter www.max-grundig-klinik.de.