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Aktiv sein - nicht nur Sport ist Bewegung

Warum auch in der kalten Jahreszeit Bewegung zentral für körperliches Wohlbefinden und die Gesundheit ist, erklärt Prof. Dr. med. Curt Diehm in seinem heutigen Gastbeitrag. Und es muss nicht immer ein hartes Workout sein.
Wenn die Tage kurz werden und die Nächte lang, stellt sich auch unser Stoffwechsel und unsere mentale Verfassung auf den Winter ein. Alles fällt schwerer, es fehlt an Energie, um sich ausreichend Bewegung zu verschaffen.

Deshalb ist es gerade in der dunklen Jahreszeit umso wichtiger, seinen inneren Schweinehund zu überwinden und körperlich aktiv zu bleiben.

Welche Bewegungsform dabei bevorzugt wird, ist nach Erkenntnissen US-amerikanischer Wissenschaftler indes relativ belanglos. Im Hinblick auf die Gesundheit kommt es vielmehr darauf an, dass durch Aktivitäten Kalorien verbrannt werden, sei es nun durch Joggen, Spaziergänge, Treppensteigen, Hausarbeit oder Gymnastik. Das Betreiben von Sportarten ist natürlich der Königsweg, weil neben dem Energieverbrauch auch motorische Funktionen, Ausdauer, Koordination, Flexibilität, Kraft und Schnelligkeit trainiert werden.

Nach fettem Essen Joggen

Eine Portion Gänsebraten lässt sich gut mit einer Portion Joggen ausgleichen. Dies könnte ein Rezept sein, um fettgequälte Blutgefäße zu entlasten. Ohne Zweifel lässt sich dies auch gut im Winter, etwa am Wochenende, bewerkstelligen. Man muss sich nur entsprechend warm anzieht. Nach einer fetten Mahlzeit sehen die Arterien gesunder Menschen so aus, wie die einer herzkranken Person. Forscher der Indiana University in Bloomington fanden heraus, dass körperliche Aktivität nach einer fetten Mahlzeit nicht nur die lipidbedingte Fehlfunktion der Blutgefäße aufhebt, die Arterien sind nach dem Sport sogar besser in Schuss, als vor dem Essen. Wer also nach einem Festschmaus Sport treibt, verbessert den Blutfluss sofort und ermöglicht sich so einen Genuss ohne Reue.

Ohnehin ist Joggen beziehungsweise schnelles Gehen ein Anti-Aging Faktor erster Güte, es hält fit bis ins hohe Alter. Eine kalifornische Langzeitstudie zeigte, dass langjährige Läufer gegenüber körperlich Inaktiven deutliche Überlebensvorteile besitzen und bis ins hohe Alter körperlich weniger eingeschränkt sind.

In der Vergangenheit ging man davon aus, dass Sport vor allen Dingen deshalb nützlich ist, weil dadurch Zivilisationskrankheiten wie koronare Herzerkrankung, Herzinfarkt oder Zuckerkrankheit vorgebeugt wird.

Diese richtige Erklärung hat eine britische Forschergruppe noch ergänzt. Londoner Wissenschaftler haben festgestellt, dass ein körperlich aktives Leben auch den Alterungsprozess selbst direkt bremsen kann. Die Forscher untersuchten die Länge der Telomere bei über 2400 Zwillingen. Telomere sind die Endstücke der Chromosomen, die sich bei jeder Zellteilung verkürzen. Die Telomere sind für die Stabilität von Chromosomen wichtige Strukturelemente der Erbsubstanz DNA. Wenn durch zahlreiche Zellteilungen die Telomerlänge ein kritisches Minimum unterschreitet, kann sich die Zelle nicht mehr teilen. Es kommt zu einem sogenannten programmierten Zelltod oder zu einem permanenten Wachstumsstopp (Alter). Dieser Vorgang führt zu einer Begrenzung der zellulären Lebenszeit. Telomere gelten als gute Marker für das biologische Alter eines Menschen. Neben erblichen Faktoren können auch Entzündungen oder oxidativer Stress die Länge der Telomere reduzieren.

Die englischen Forscher teilten nun im Schnitt 49-jährige Zwillinge nach durchgeführter körperlicher Aktivität in 4 Gruppen ein und maßen die Telomerlänge in den weißen Blutkörperchen. Das Ergebnis war überraschend: In der Gruppe der sehr aktiven Teilnehmer waren die Telomere bei gleichem kalendarischem Alter im Schnitt um 200 Nucleotide (Baustein der Nucleinsäure) länger als bei den inaktiven Menschen, den „Couch-Potatoes“. Wenn man davon ausgeht, dass es pro Jahr etwa zu einem Verlust von 20 Nucleotiden kommt, entspricht dies der Verlängerung der Lebenszeit um 10 Jahre. Der Effekt trat auch bei einzelnen unterschiedlich aktiven Zwillingspaaren auf und blieb auch noch zu erkennen, wenn Begleitfaktoren und Risikofaktoren wie Rauchen und Körpergewicht (BMI) berücksichtigt wurde. Mein Rat kann also nur lauten: Bleiben Sie auch im Winter aktiv!

Hier: Youthshots - Eine Hautcreme, die die Telomere verlängert

Sport schützt vor Erkältung

Und noch eine Studie, die Sie von dem Nutzen von Bewegung auch im Winter überzeugen soll. In einer klinischen Studie hat ein Team um Cornelia Ulrich vom Fred Hudginson Cancer Research Center in Seattle untersucht, inwiefern körperliche Bewegung mittlerer Intensität dem Erkältungsrisiko zu- oder abträglich ist. Die Ergebnisse sind überraschend und zeigen, dass Frauen nach den Wechseljahren, die regelmäßig sportlich aktiv sind, im Vergleich zu weiblichen Sportmuffeln ein etwa halb so großes Risiko hatten, sich zu erkälten. „Unsere Studie ist die erste, die unter Einhaltung strenger Kriterien gezeigt hat, dass zahlreiche Erkältungsfälle vermieden werden können, wenn Menschen regelmäßig Sport treiben“, so Cornelia Ulrich. Ganz allgemein gilt: Training insbesondere an der frischen Luft schützt vor Infekten der Atemwege.

Zum Autor

Prof. Dr. med. Curt Diehm zählt zu den führenden Medizinern im Südwesten Deutschlands, er ist Autor zahlreicher Fach- und Patientenbücher und langjähriger Präsident der Deutschen Gesellschaft für Gefäßmedizin. Seit Mitte 2014 leitet er als Ärztlicher Direktor die renommierte Max Grundig Klinik in Bühl. Alle Beiträge dieser Serie zum Nachlesen unter www.max-grundig-klinik.de.

Hier finden Sie alle Beiträge der Serie Gesund mit Diehm
 

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