Arterielle Verschlusskrankheit (PAVK) frühzeitig erkennen thinkstockphotos.com
  • 27. März 2017
  • Prof. Dr. med. Curt Diehm
Gesund mit Diehm

Arterielle Verschlusskrankheit (PAVK) frühzeitig erkennen

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Arterielle Verschlusskrankheit: Je schlechter die Beindurchblutung, desto kürzer das Leben.

Der Volksmund nennt die Krankheit auch Schaufensterkrankheit oder Raucherbein

Unter der peripheren Arteriellen Verschlusskrankheit (PAVK) versteht man Durchblutungsstörungen in den Arm- oder Beinarterien, die meist durch Arteriosklerose verursacht sind. Der Begriff der peripheren arteriellen Verschlusskrankheit (PAVK) umfasst alle arteriellen Durchblutungsstörungen, die durch Gefäßverengungen oder -verschlüsse in den Extremitäten, in erster Linie aber in den Beinen verursacht werden. Im Volksmund ist gern auch von der Schaufensterkrankheit die Rede. Der Begriff rührt von den Schmerzen beim Gehen, die aber erst im zweiten Stadium der Erkrankung auftreten und die Betroffenen immer wieder zum Stehen bleiben und Blick ins Schaufenster zwingt.

Befunde zeigen, dass Patienten mit einer Schaufensterkrankheit natürlich nicht an ihrer Beindurchblutung sterben. Sie sterben 10 Jahre früher als Personen, die diese Erkrankung nicht haben. Sie sterben zumeist am Herzinfarkt und am Schlaganfall.

Die Gründe sind vielfältig. Sicherlich spielt eine Veränderung der Blutplättchenfunktion bei Patienten mit PAVK eine Rolle. Rund 28 Prozent aller Patienten im Stadium des intermittierenden Hinkens starben innerhalb von 5 Jahren. Im Vergleich dazu sind es bei Patienten mit Diabetes mellitus und Herzinfarkt 18,5 Prozent, bei Brustkrebs 15 Prozent und nach einem Infarkt 6,8 Prozent. Somit ist die PAVK wie die Zuckerkrankheit ein so genanntes „Koronaräquivalent“, d.h. die Sterblichkeit liegt ähnlich hoch, sogar höher als bei Patienten im Zustand nach einem Herzinfarkt.

Seit Auswertung der getABI (German Epidemiological Trial on Ankle Brachial Index) ist bekannt, dass diese Manifestation der Atherosklerose bei älteren Menschen sehr weit verbreitet ist. Jeder 5. über 65-jährige Hausarztpatient leidet an einer PAVK. Jeder 10. weist aber nur klinische Zeichen dieser Grunderkrankung auf.

Oft fehlen die klassischen Symptome. Nach 5 Jahren waren 23,9 Prozent der symptomatischen Patienten und 12,8 Prozent der asymptomatischen Patienten verstorben. Personen ohne Gefäßerkrankung hatten eine Sterblichkeit von 2,5 Prozent im gleichen Zeitraum. 79 Prozent der Patienten hatten zusätzlich einen Bluthochdruck. 37 Prozent waren zuckerkrank, 30 Prozent hatten bereits eine koronare Herzerkrankung (Angina pectoris oder Herzinfarkt). 15 Prozent erlitten bereits einen Schlaganfall oder ein „Schlägle“. Patienten ohne PAVK hatten deutlich weniger Begleitkomplikationen. Die Diagnose PAVK war bei den meisten Betroffenen noch nicht gestellt worden. Nur 11 Prozent wiesen typische Claudicatio-Beschwerden auf (Schmerzen beim Gehen).

Die Erkrankung PAVK wird nicht nur unterdiagnostiziert und in ihrer Bedeutung für eine hohe Sterblichkeit unterschätzt. Die betroffenen Patienten sind auch „unterbehandelt“. Diese Hoch-Risikopatienten mit PAVK sind schlecht mit Plättchenfunktionshemmern, Blutfettsenkenden Statinen und Beta-Blocker versorgt. Eine Nachuntersuchung der Patienten nach 1, 3 und 5 Jahren ergab, dass Patienten mit einer PAVK ein hohes frühzeitiges Risiko für Herzinfarkte und Schlaganfälle haben. Die Lebenserwartung von PAVK-Patienten ist um zehn Jahre niedriger als in der Durchschnittsbevölkerung.

Deshalb ist es von so großer Wichtigkeit, dass Durchblutungsstörungen der Becken-Bein Arterien frühzeitig diagnostiziert werden.

Zum Autor

Prof. Dr. med. Curt Diehm zählt zu den führenden Medizinern im Südwesten Deutschlands, er ist Autor zahlreicher Fach- und Patientenbücher und langjähriger Präsident der Deutschen Gesellschaft für Gefäßmedizin. Seit Mitte 2014 leitet er als Ärztlicher Direktor die renommierte Max Grundig Klinik in Bühl. Alle Beiträge dieser Serie zum Nachlesen unter www.max-grundig-klinik.de.

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