Es ist ein Phänomen der Medizin: Nahezu alle statistischen Erhebungen ergeben, dass Männer eine kürzere Lebenserwartung besitzen als Frauen. So belegen beispielsweise die aktuellen Zahlen für Deutschland, dass heute neugeborene Jungen voraussichtlich im Schnitt knapp 78 Jahre alt werden, die neugeborenen Mädchen jedoch knapp 83 Jahre – eine Differenz von immerhin fünf Jahren. Im Alter zwischen 30 und 64 Jahren sterben in Deutschland doppelt so viele Männer wie Frauen, wie es ein Bericht des Robert-Koch-Institutes zu Tage gefördert hat. Männer sind demnach die Sorgenkinder der Medizin.
Historisch wurde argumentiert, dass die Lebenserwartung von Männern durch Kriege oft verkürzt würde. Für Friedenszeiten hieß es lange, die geringere Lebenserwartung des männlichen Bevölkerungsteils sei biologisch-genetisch bedingt. Dieser Erklärungsansatz ist aber nicht valide und wurde durch eine aufsehenerregende Studie widerlegt.
Die Forscher Marc Luy und Michaela Grimm konnten nachweisen, dass es keine geschlechterspezifischen Gründe dafür gibt, dass Frauen länger leben als Männer. In der sogenannten „Klosterstudie“ haben Luy und Grimm die Lebenserwartung von Mönchen und Nonnen untersucht. Das Ergebnis: Bei einer ähnlichen Lebensweise ist die Lebenserwartung von Männern nur minimal geringer als die von Frauen. In die Studie flossen Daten von knapp 12.000 Mönchen und Nonnen in einem Zeitraum von mehr als vier Jahrhunderten ein. Das Fazit der Wissenschaftler: „Es ist nicht so, dass Frauen länger leben, sondern vielmehr so, dass Männer vorzeitig sterben.“
Die Erklärung für die geringere Lebenserwartung ist also: Männer leben ungesund. Studien zeigen: Sie trinken mehr, sie rauchen mehr und sie erleiden schwerere Unfälle als Frauen. „Frauen leben in ihrem Körper, Männer benutzen ihren Körper eher als Instrument – und vernachlässigen ihn dabei“, so Professor Frank Sommer, der weltweit erste Lehrstuhlinhaber für Männergesundheit an der Universität Hamburg. Die Gesundheitsprobleme der Männer sind oft hausgemacht, Männer sind auch häufiger übergewichtig, weil sie sich schlechter ernähren. Interessant: Die Ehe schützt Männer vor einem frühen Tod. Die Sterblichkeit ist unter nicht verheirateten Männern zwischen 30 und 60 Jahren 2,5 Mal größer als bei verheirateten Männern.
Ein ganz wichtiger Faktor: Vorsorgeuntersuchungen. Eine Studie der Deutschen Angestelltenkrankenkasse (DAK) hat ergeben, dass Männer generell nur halb so häufig zu Untersuchungen und insbesondere zu Vorsorgeuntersuchungen gehen wie Frauen. Die Studie hat auch gezeigt, dass Männer Signale für Dysfunktionen häufiger missachten als Frauen. Männer haben auch deutlich niedrigere Fehlzeiten im Beruf. Sie neigen im Gegensatz zu Frauen dazu, Erkältungen und Bronchitiden zu verschleppen. Vorsorge ist für viele Männer nach wie vor ein Fremdwort. Während Frauen regelmäßig den Frauenarzt aufsuchen, tun Männer dies nicht beim Urologen.
Selbst Hygienemaßnahmen beachten Männer schlechter als Frauen. Sie putzen sich deutlich seltener und oberflächlicher die Zähne. Somit haben sie mehr Parodontitis und Zahnfleischentzündungen. In der Regel sind Männer auch über gesundheitliche Fragen schlechter informiert und orientiert als Frauen.
Vorsorgeuntersuchungen bei Männern
Ärzte und auch Krankenkassen empfehlen Männern folgende Untersuchungen:
• Zähne: Kontrolluntersuchungen beim Zahnarzt 2-mal im Jahr, insbesondere zum Ausschluss von Karies und Parodontitis. Gründliche Zahnreinigungen werden dabei empfohlen.
• Ab 35 Jahren alle 2 Jahre ein genereller „Gesundheits-Check“ mit allgemeinen körperlichen Untersuchung und Laborwerten.
• Ab 35 Jahren alles 2 Jahre ein „Hautkrebs-Screening“. Hautärztliche Sichtkontrolle der Haut mit Erfassung von Krebsvorstadien.
• Ab 45 Jahren jährliche Untersuchung der Prostata beim Urologen.
• Ab 55 Jahren im Abstand von 10 Jahren 2-mal „Dickdarmspiegelung“ mit eventueller Abtragung von Polypen. Alternativ zur Spiegelung kann alles 2 Jahre auf Blut im Stuhl getestet werden.