BMI – als Indikator für Herz-Kreislaufkrankheiten ausgedient thinkstockphotos.com

BMI – als Indikator für Herz-Kreislaufkrankheiten ausgedient

In regelmäßigen Beiträgen gibt Prof. Dr. med. Curt Diehm Tipps und Informationen rund um den menschlichen Organismus und seine Gesundheit. In seinem heutigen Artikel erklärt er, warum der BMI nicht mehr taugt, um das Risiko von Herz-Kreislauferkrankungen zu bestimmen.
Der Body-Mass-Index (BMI) galt lange Jahre als Maß aller Dinge bei der Einschätzung des Körpergewichtes. Er diente zur Beurteilung, ob Menschen normal-, über- oder untergewichtig sind. Da vor allem Übergewicht ein weltweit zunehmendes Problem darstellt, wurde ein hoher BMI gerne dazu herangezogen, um auf diese Gefährdung hinzuweisen. Ein hoher BMI war damit gleichzeitig ein Indikator für erhöhte Gesundheitsrisiken.

Eine reine BMI Betrachtung birgt jedoch erhebliche Schwächen. Nicht berücksichtigt werden dabei Statur, das Geschlecht und die individuelle Zusammensetzung der Körpermasse aus Fett und Muskelgewebe.

Studien haben inzwischen gezeigt, dass der BMI nicht dazu taugt, das Herzinfarkt-, Schlaganfall oder Sterblichkeitsrisiko eines Menschen genauer zu bestimmen.
Forscher einer Arbeitsgruppe der Medizinischen Klinik in München untersuchten, welches Übergewicht-Parameter das zukünftige Herz-Kreislauf-Risiko am zuverlässigsten voraussagen kann. Die Ärzte der LMU führten dazu Erhebungen bei mehr als 10.000 Frauen und Männern über einen Zeitraum von bis zu acht Jahren durch. Folgende Parameter wurden dokumentiert.

  • Body-Mass-Index (BMI)
  • Taillenumfang
  • waist-to-hip-ratio (WHR) = Verhältnis von Hüft- zu Taillenumfang
  • waist-to-hight-ratio (WHtR) = Taillenumfang, geteilt durch die Körpergröße

Die Ergebnisse haben gezeigt, dass das Verhältnis von Taillenumfang und Körpergröße am besten geeignet ist, um vorauszusagen, ob ein Proband einen Herzinfarkt oder einen Schlaganfall bekommen wird. Der BMI war dagegen nicht aussagekräftig. Die Wissenschaftler kommen zu dem Schluss, dass der BMI für die Prognose einer Herz-Kreislauf-Gefährdung in Zukunft nicht mehr herangezogen werden sollte.

Warum ist die sogenannte waist-to-hight-ratio (WHtR) für die Beurteilung des Herz-Kreislauf-Risikos wesentlich aussagekräftiger? Bei der Schädlichkeit von Fettpolstern kommt es darauf an, wo sie sitzen. Das so genannte Bauchfett (viszerales Fett) ist hochgradig ungesund, weil es schädliche Fettsäuren an den Körper abgibt mit der Folge eines erhöhten Blutdrucks, einer Insulinresistenz und einem Anstieg der Blutfette. Das Bauchfett gibt also schädigende Botenstoffe an den Körper ab. Diese Botenstoffe verursachen Entzündungen in den Blutgefäßen und sind damit ein Schrittmacher für die Atherosklerose in allen arteriellen Gefäßen.

Dick ist also nicht gleich dick. Die Verteilung des Körperfetts ist maßgebend für bestimmte Krankheiten. Die Bauchfettsucht, gemessen in WHtR oder auch durch das Verhältnis von Hüfte zu Taillenumfang (waist-to-hip-ratio, WHR), ist demnach ein wesentlich besserer Indikator für Herzinfarkt, Schlaganfall und den plötzlichen Tod als der BMI.

Colon-Karzinom durch zu viel Bauchfett

Darüber hinaus fördert Bauchfett auch den Dickdarmkrebs. Dies zeigte die EPIC-Studie (European Prospective Investigation into Cancer and Nutrition). Während der Beobachtungszeit von sechs Jahren erkrankten 984 der Teilnehmer an einem Dickdarmkrebs. Hoher Taillenumfang und ein großer Taillen-Hüft-Umfang-Quotient steigerte das Risiko bei beiden Geschlechtern zum Teil um mehr als 50 Prozent. Auch die Körpergröße schlug zu Buche. Männer über 180,5 cm und Frauen über 167,5 cm hatten ebenfalls ein erhöhtes Risiko, an Dickdarmkrebs zu erkranken.

Der Autor

Prof. Dr. med. Curt Diehm zählt zu den führenden Medizinern im Südwesten Deutschlands, er ist Autor zahlreicher Fach- und Patientenbücher und langjähriger Präsident der Deutschen Gesellschaft für Gefäßmedizin. Seit Mitte 2014 leitet er als Ärztlicher Direktor die renommierte Max Grundig Klinik in Bühl. Alle Beiträge dieser Serie zum Nachlesen unter www.max-grundig-klinik.de.



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