Fibrosierende Erkrankung der Lunge – Was bedeutet das?
Die Wissenschaft geht davon aus, dass bei einer Lungenfibrose eine Entzündungsreaktion in den Lungenbläschen (Alveolen) die vermehrte Produktion von Bindegewebe in den Zwischenräumen (Interstitium) und dessen Vernarbung verursacht. Das erschwert in den Alveolen die Aufnahme von Sauerstoff ins Blut sowie die Abgabe von Kohlendioxid in die Atemluft. Durch den Umbau des Gewebes verhärtet und versteift sich die Lunge nach und nach.
Der an einer Lungenfibrose Erkrankte merkt dies insbesondere an der Beeinträchtigung der Atmung, da mehr Kraft für die Dehnung der Lungen aufgewendet werden muss. Dies führt zu einer Einschränkung der körperlichen Belastung unter Atemnot, Husten sowie Müdigkeit. Im fortgeschrittenen Stadium machen sich die Symptome auch im Ruhezustand bemerkbar und die Lungenfunktion wird zunehmend eingeschränkt. Haut und Lippen verfärben sich bläulich und die Form der Fingernägel verändert sich zu sogenannten Uhrglasnägeln und Trommelschlegelfingern.
Ursachen der Lungenfibrose
Die Erkrankung an einer Lungenfibrose kann je nach Form viele unterschiedliche Gründe haben. Sie kann beispielsweise durch die dauerhafte Reizung der Lunge durch Gase und Dämpfe oder durch die Einatmung von bestimmten Schadstoffen hervorgerufen werden. Bestimmte Strahlen wie bei der Krebstherapie, die Einnahme spezieller Medikamente und verschiedene rheumatische Erkrankungen zählen ebenfalls zu den Ursachen. Von einer idiopathischen Lungenfibrose oder IPF (kurz für: idiopathisch pulmonale Fibrose) spricht man, wenn die Ursache im Unklaren ist.
Besonders aggressiv: Die idiopathische Lungenfibrose (IPF)
Aufgrund der Häufung von IPF-Fällen innerhalb von Familien geht man davon aus, dass diese Form der Lungenfibrose unter anderem von bestimmten Risikogenen beeinflusst wird. Bewiesen ist dies allerdings noch nicht, anders als beim Rauchen, das zweifelsfrei als Risikofaktor gilt. Die idiopathische Lungenfibrose verläuft progredient (im Fortschreiten zunehmend schlimmer) und tödlich. Die mittlere Überlebenszeit nach Diagnose beträgt zwei bis fünf Jahre. Die 5-Jahres-Überlebensrate liegt bei etwa 20 bis 40 Prozent. Somit ist sie wesentlich aggressiver als viele Krebsarten.
Die meisten IPF-Erkrankungen werden bei Menschen zwischen 60 und 80 Jahren diagnostiziert, Männer sind etwas häufiger betroffen als Frauen. Die absoluten Zahlen von IPF-Erkrankten sind nicht eindeutig feststellbar. Im Europäischen Raum geht man von ca. 30.000 bis 35.000 Menschen pro Jahr aus, bei denen IPF neu diagnostiziert wird.
Therapie der idiopathischen Lungenfibrose
Im fortgeschrittenen Stadium der idiopathischen Lungenfibrose war bisher die Lungentransplantation die einzig wirksame Therapiemöglichkeit. Die medikamentöse Behandlung durch die sogenannte Tripletherapie mit Prednison1, Azathioprin2 und N-Acetylcystein3 (NAC) bisher die bevorzugte Therapie-Methode, die allerdings in Deutschland nicht zugelassen ist. Insbesondere eine signifikante Verlangsamung des Lungenfunktionsverlustes nach zwölf Monaten konnte in der IFIGENIA-Studie nachgewiesen werden. Allerdings kam es vor kurzem bei einer anderen Studie, der PANTHER-IPF-Studie, zu Sicherheitsbedenken im Rahmen der Tripletherapie. Gegenstand der Studie ist der Vergleich der IPF-Therapie in drei Armen: Tripletherapie, Monotherapie mit NAC und Placebo-Gruppe. Nach einer vergleichsweise erhöhten Sterblichkeitsrate sowie häufigeren Hospitalisierungen und schweren Nebenwirkungen im Tripletherapie-Arm musste dieser vorzeitig abgebrochen werden. Die Ursachen/Ergebnisse werden derzeit analysiert.
„Bevor nicht genaueres bekannt ist, ist eine abschließende Bewertung der Sicherheit der Tripletherapie nicht möglich. Es ist zu erwarten, dass sich informierte Patienten eher gegen die Einleitung der Tripletherapie entscheiden werden. Für Patienten, die bereits mit der Tripletherapie behandelt werden, diese gut vertragen und die IPF darunter stabil ist, besteht aus meiner Sicht keine Veranlassung, diese nun abzusetzen“, erklärt Prof. Dr. med. Ulrich Costabel, Chefarzt für Pneumologie und Allergologie der Ruhrlandklinik/Westdeutsches Lungenzentrum in Essen.
Hoffnung in der IPF-Therapie durch Pirfenidon
Durch die Zulassung von Pirfenidon im EU-Raum im März 2011 gibt es nun die Hoffnung für Patienten mit leichter bis mittelschwerer IPF auf eine erfolgsversprechende medikamentöse Behandlung. Seit dem 15. September 2011 ist das Präparat auf dem deutschen Markt (Vorreiter in der EU) erhältlich. Erfolg bezieht sich hier nach wie vor auf die Verzögerung des progredienten Verlaufs und die Linderung der Symptome, jedoch nicht auf die Heilung der idiopathischen Fibrose. Studien wiesen eine Verlangsamung der Abnahme der Vitalkapazität und der Distanzverminderung im 6-Minuten-Gehtest (Hinweis auf verbesserte Lungenfunktion) bei einer Behandlung mit Pirfenidon nach. „Darüber hinaus kann Pirfenidon das Risiko der Krankheitsprogression um 30 Prozent verringern, und somit die Prognose verbessern. Allerdings wirkt es nur bei etwa einem Drittel der Patienten“, räumt Dr. Costabel ein. Dennoch sieht er die Zulassung von Pirfenidon als medikamentöse Behandlung der idiopathischen Lungenfibrose als positiv und ausreichend abgesichert. Die Therapie sollte von einem Spezialisten, der Erfahrung in der Betreuung von IPF-Patienten hat, eingeleitet und überwacht werden. Denn wie bei fast allen Medikamenten gibt es Unverträglichkeiten und Nebenwirkungen. Im Falle von Pirfendon sind dies insbesondere Übelkeit, Hautausschlag und Photosensibilisierung.
1Ein Mittel, das den immunologischen Prozess (Immunsuppressiva) und vor allem Entzündungsreaktionen, wie bei Asthma und Allergien, unterdrückt.
2Ebenfalls ein Immunsuppressiva, das u.a. eingesetzt wird bei Behandlungen von Erkrankungen, die mit einer Störung des Immunsystems einhergehen.
3 Ein Arzneistoff, der zur Schleimlösung bei festsitzendem Auswurf, wie bei Bronchitis eingesetzt wird.
Unser Experte: Prof. Dr. med. Ulrich Costabel von der Ruhrlandklinik in Essen
Chefarzt Abt. Pneumologie/Allergologie
Weitere Quellen:
Beise, U., Heimes, S., Schwarz, W. (2009). Gesundheits- und Krankheitslehre: Das Lehrbuch für die Pflegeausbildung. 2.Auflage. Springer: Heidelberg. S.76.
Konietzko, N./ Wendel, H./ Wiesner, B. (1994). Erkrankungen der Lunge. De Gruyter: New York. S.340-347.
http://www.lungeninformationsdienst.de/themenmenue/krankheiten/lungenfibrose/grundlagen/index.html