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Multiresistente Erreger – was steckt dahinter?

Jedes Jahr sterben in Deutschland mehrere Tausend Menschen an den Folgen einer Infektion mit multiresistenten Keimen. Häufig infizieren sie sich damit im Krankenhaus. Aber wie kommt es, dass solche Erreger überhaupt im Krankenhaus auftauchen?
Hinter dem Begriff „Multiresistente Erreger“ verbergen sich Bakterien, die Resistenzen gegen Antibiotika entwickelt haben und damit auf eine Antibiotikabehandlung nicht mehr ansprechen. Die Folge: Eine Heilung wird extrem erschwert und auch Todesfälle können auftreten. Das Nationale Referenzzentrum (NRZ) an der Berliner Charité geht von maximal 6.000 Todesfällen pro Jahr aus. Allerdings ist dies nur ein Schätzwert. Das Bundesgesundheitsministerium nennt 10.000 bis 15.000 Tote jährlich in Deutschland als Folge von Krankenhausinfektionen. Hygiene spielt im Krankenhaus eine große Rolle und es gibt trotz hoher Standards sicherlich immer Verbesserungsmöglichkeiten. In Bezug auf multiresistente Keime muss allerdings festgehalten werden, dass die Erreger häufig von den Patienten selbst ins Krankenhaus mitgebracht werden.

Der häufig zitierte MRSA (Methilicin-resistenter Staphylococcus aureus) beispielsweise kommt bei 20 Prozent der Bevölkerung ständig, bei 60 Prozent zeitweise als Hautkeim vor, ohne dass diese Menschen erkranken. In diesen Fällen spricht man davon, dass die Betroffenen kolonisiert sind. Gefährlich wird der Keim erst, wenn er in offene Wunden gelangt – und mit solchen hat man eben häufig im Krankenhaus zu tun. Kommt also ein kolonisierter Mensch ins Krankenhaus, bringt er den Keim mit.

Wie entstehen multiresistente Keime?

Ein Problem ist die Unwissenheit vieler Menschen über die Wirkweise von Antibiotika und der häufige Einsatz selbiger. Die Krankenkasse DAK hat Zahlen veröffentlicht, denen zufolge im vergangenen Jahr fast jedes dritte ausgestellte Antibiotika-Rezept mit Blick auf die Diagnose fragwürdig war. Vor allem bei Bronchitis, Husten oder bei Infektionen der oberen Atemwege seien entgegen der Leitlinien für Behandlungen Antibiotika verschrieben worden. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat in einer Umfrage herausgefunden, dass über zwei Drittel (65%) der Menschen irrtümlich auch bei Viruserkrankungen wie Erkältungen und Schnupfen davon ausgehen, dass Antibiotika helfen. Tatsächlich helfen Antibiotika aber nur bei bakteriellen Infektionen. Je häufiger Antibiotika eingesetzt werden, desto größer ist die Gefahr, dass sich multiresistente Keime entwickeln.

Durch natürliche Veränderung ihrer DNS können die Bakterien gegen Antibiotika resistent werden. So überleben diese wenigen eine (erneute) Antibiotikabehandlung unbeschadet. Nur die nichtresistenten Bakterien sterben ab. In der Folge vermehren sich die resistenten Bakterien weiter, das Antibiotikum verliert seine Wirkung. Manche Erreger können ihre DNS auch an andere Bakterien weitergeben und so neue resistente Bakterien schaffen. Je häufiger ein Erreger mit einem Antibiotikum bekämpft wird, desto schneller kann er sich den neuen „Lebensumständen“ anpassen.

Der zweite große Faktor bei der Entstehung multiresistenter Keime ist die Fleischindustrie. Gerade in der Schweine- und Geflügelmast kommen häufig Antibiotika zum Einsatz, damit eine Massentierhaltung überhaupt möglich wird. Wie beim Menschen auch, können sich bei Tieren multiresistente Keime entwickeln. Über eine unsaubere Verarbeitung gelangen die Keime von der Tierhaut auf das Fleisch. Über Dünger mit multiresistenten Keimen, der auf die Felder gebracht wird, kommen die Erreger auf Gemüse und Obst. Somit sind die Keime in der Nahrung und finden dadurch ihren Weg zum Menschen. Logisch, dass natürlich auch alle Personen, die Kontakt mit infizierten Tieren haben, ein wahrscheinlicher Träger der Keime sind.
Häufig können auch im Urlaub multiresistente Keime aufgenommen werden. Vor allem Länder mit niedrigen Hygienestandards sind laut einer finnischen Studie Gefahrenherde. Der Untersuchung zufolge bringt jeder fünfte Rückkehrer resistente Darm-Keime mit. Indien gilt als Hoch-Risikoland, aber auch in der Türkei, Italien, Griechenland, Israel oder an der Ostküste der USA treten immer häufiger multiresistente Keime in Krankenhäusern auf.  

Die bekanntesten multiresistenten Keime

Zu den bekanntesten multiresistenten Keimen gehören MRSA, VRE (Vancomycin-resistente Enterokokken) oder ESBL (Beta-Lactamase produzierende Enterobakterien). ESBL beispielsweise leben im Magen-Darm-Trakt und produzieren Enzyme, die sie gegen die meisten Antibiotika-Klassen resistent machen.

Was tut die Politik?

Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) stellte im Frühjahr einen Zehn-Punkte-Plan vor, mit dem die Verbreitung multiresistenter Keime eingedämmt werden soll. Unter anderem werden die Hygienevorschriften für Kliniken und die Meldepflichten verschärft, die Forschung gestärkt und die Zusammenarbeit der G7-Nationen intensiviert.

Was kann ich selbst tun?

Man selbst schützt sich am besten durch eine sehr gute Handhygiene, sprich gründliches Händewaschen mit Wasser und Seife. Engen körperlichen Kontakt zu Menschen mit offenen Wunden sollte man meiden und nur eigene Hygieneartikel wie Handtuch, Rasierer oder Waschlappen verwenden. Außerdem ist darauf zu achten, Fleisch immer gründlich in der Spüle zu Waschen, durchzubraten und verwendete Arbeitsgeräte gründlich zu reinigen – am besten in der Spülmaschine bei 70 Grad. Zudem sollte man das Fleisch kühl lagern und frisch verarbeiten.