Telemedizin – Das Gesundheitswesen von morgen Deutsche Telekom AG
Ärztemangel in Deutschland

Telemedizin – Das Gesundheitswesen von morgen

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Der demografische Wandel stellt das zukünftige Gesundheitswesen vor ein großes Problem: Wie kann auch in infrastrukturell schwachen Regionen, in denen es in Zukunft kaum noch Fachärzte geben wird, eine hochwertige medizinische Versorgung gewährleistet werden? Die Carus Consilium GmbH hält mit ihrem Telemedizinprojekt „CCS Telehealth Ostsachsen“ eine mögliche Lösung bereit.

Patienten, die via Tablet ihren behandelnden Arzt konsultieren und Ärzte, die sich über eine Internetplattform über mögliche Diagnosen beraten. Was sich zunächst wie ein Zukunftsszenario anhört, ist in Ostsachsen im Rahmen des Telemedizinprojekts „CCS Telehealth Ostsachsen“ bereits Realität. Und tatsächlich: Telemedizinprojekte gibt es viele. Das Neue an diesem Projekt: Die Carus Consilium GmbH hat in Zusammenarbeit mit der Telekom-Tochter T-Systems International eine Basisinfrastruktur geschaffen, die für jegliche Art von telemedizinischer Anwendung geeignet ist. Alle kommenden Entwicklungen in dieser Richtung können darauf aufbauen. Auch deshalb haben die EU und der Freistaat Sachsen das Vorbildprojekt mit knapp 10 Millionen Euro aus dem Europäischen Fonds für Regionale Entwicklung und Landesmitteln gefördert.

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Die zukünftige Bedeutung von Telemedizin im Gesundheitswesen

Unter Einsatz audiovisueller Kommunikationstechnologien ermöglicht es die Telemedizin, trotz räumlicher Trennung Diagnostik, ärztliche Konsultation und medizinische Notfalldienste anzubieten. Wieso aber ist eine derartige Technologie überhaupt nötig?
„Telemedizin ist genau genommen die Notlösung für ein Problem, das wir anders nicht in den Griff bekommen. Sie kommt immer dann zum Einsatz, wenn die Versorgungsinfrastruktur in gewissem Maße verloren geht. Das ist insbesondere in ländlichen Regionen der Fall. Die jüngere Bevölkerung zieht in die Großstädte, die ältere bleibt zurück. Die Folge: Facharztpraxen schließen aufgrund mangelnder Auslastung. Um dennoch eine qualitativ hochwertige medizinische Versorgung auf dem Land sicherzustellen, muss auf telemedizinische Lösungen zurückgegriffen werden“, erklärt Dr. Olaf Müller, Geschäftsführer des Tochterunternehmens des Universitätsklinikums Dresden Carus Consilium.

Anwendungen des CCS Telehealth Projekts            

Die drei Beispielanwendungen des CCS Telehealth-Projekts Telecoaching, Tele-Stroke und Telepathologie zeigen die Bandbreite der telemedizinischen Möglichkeiten auf, sowohl im Hinblick auf die Arzt-Patienten Kommunikation, als auch auf den Wissensaustausch zwischen Ärzten.

Telecoaching                                                                                            

„Telecoaching betrifft die Nachversorgung von Patienten mit Herzschwäche nach einem stationären Krankenhausaufenthalt. Wird der Patient entlassen, bekommt er ein Tablet mit nach Hause. Auf diese Weise kann er jederzeit mit seinem Arzt oder einer sogenannten Telenurse mit Spezialisierung auf das Thema Herzinsuffizienz kommunizieren. Neben dem gesundheitlichen Wohlbefinden des Betroffenen erfragt ein Fragebogen weitere Gesundheitswerte wie Blutdruck und Gewicht. Bemerkt der Arzt, dass der Stoffwechsel entgleist, kann er frühzeitig einschreiten. Ein Anrufbutton am Tablet ermöglicht außerdem den sofortigen Start eines Videotelefonats“, erklärt Dr. Olaf Müller.

telecoaching©CCS GmbH

Tele-Stroke

Ähnlich funktioniert auch Tele-Stroke. Diese Anwendung umfasst die Fallbetreuung von Schlaganfallpatienten. „Ein Fallbetreuer begleitet einen Schlaganfallpatienten von Anfang an – ab der Akutversorgung im Krankenhaus bis zu einem Jahr danach. Er ruft ihn regelmäßig an und nimmt seine Daten auf. Diese werden zentral in einer elektronischen Fallakte gespeichert, sodass jedem Behandler dieselben detaillierten Informationen über den Schlaganfallpatienten zur Verfügung stehen“, führt der Carus Consilium Geschäftsführer aus.

Telemedizin dient also keineswegs dazu, den Arztbesuch zu ersetzen. Ganz im Gegenteil. Sie stellt vielmehr eine Zusatzleistung dar, bei der dem Patienten auch nach einer stationären Behandlung weiterhin eine intensive medizinische Betreuung erfährt. Müller sieht den zukünftigen Vorteil vor allem auch darin, unnötige Arztbesuche zu vermeiden und umgekehrt: „Der Patient erhält durch die Telemedizin einen niederschwelligen Arztzugang. Er kann sich somit jederzeit mit seinem Arzt in Verbindung setzten, um die Notwendigkeit eines persönlichen Arztbesuches zu besprechen. Während Patienten, bei denen dieser nicht notwendig ist, beruhigt werden können, werden Kapazitäten für diejenigen geschaffen, die dringend zum Arzt gehen sollten, dies ohne den telemedizinischen Rat aber nicht tun würden.“

Die Resonanz seitens der Patienten ist laut Müller sehr gut: „Das bestätigt uns darin, weitere Lösungen in ganz anderen Themenfeldern zu finden, sei es zur Betreuung von Parkinsonpatienten oder zur hautärztlichen Konsultation.“

telestoke©CCS GmbH

Telepathologie

Doch auch für die Kommunikation zwischen Ärzten birgt die Telemedizin einen erheblichen Mehrwert, insbesondere beim Einholen zweiter Befunde. Dies zeigt das Beispiel Telepathologie. „Pathologie ist telemedizinisch am schwierigsten umzusetzen, da hierzu Gewebeschnitte in hoher Auflösung eingescannt werden müssen. Die Bilder werden anschließend auf einem zentralen Server gespeichert, auf den auch die Partnerklinik mit dem spezifischen Wissen durch einen Link Zugriff erhält. Dies geht mit einem enormen Datenvolumen einher. Die Überlegung dahinter: Wenn die Technologie im Bereich Telepathologie funktioniert, können wir sie auch bei allen anderen Zweitmeinungsverfahren  nutzen“, erklärt Müller.

telepathologie©CCS GmbH

Herausforderungen der Telemedizin

Die moderne Technologie stellt aber gleichzeitig auch das wesentliche Problem dar: Die Technik ist neu, die Bevölkerung hingegen, wird immer älter. Laut statistischem Bundesamt  wird es in Deutschland im Jahr 2050 doppelt so viele alte wie junge Menschen geben. Können ältere Menschen mit dieser Art von Technik überhaupt umgehen? „Jedes telemedizinisches Konstrukt bedingt immer, dass die betroffene Person damit klar kommt. Wenn der Patient die Technik nicht bedienen kann, sind wir darauf angewiesen, dass irgendjemand dieser Person hilft. Das ist aber eine ziemliche Einschränkung. Wir beschäftigen uns deshalb eingehend mit einer Lösungsentwicklung, die bestimmte Bevölkerungsgruppen nicht grundsätzlich ausschließt. Wir brauchen Lösungen, die praxistauglich sind und unabhängig davon, wer sie benutzt“, sagt Dr. Müller.

Doch das ist nur eine Hürde von vielen. Auch die künftige Finanzierung ist bislang noch ungewiss. „Um die modernen telemedizinischen Verfahren in die Regelversorgung zu integrieren, sind wir dringend auf die Mithilfe der Krankenkassen angewiesen“, betont Müller. „Diese müssen in sogenannte Versorgungsverträge einwilligen und die teilnehmenden Krankenhäuser für die telemedizinischen Mehrleistungen entsprechend vergüten.“ Seit Ende der Projektförderung und dem Start des Testbetriebs am 1. Juli, tragen die am CCS Telehealth Projekt teilnehmenden Einrichtungen – das Herzzentrum Dresden, das Universitätsklinikum Dresden, das Universitätsklinikum Leipzig, das Sächsische Krankenhaus Arnsdorf und das Klinikum Oberlausitzer Bergland in Zittau – die anfallenden Kosten selbst. Der Patient zahlt in keinem Fall. Dr. Müller ist optimistisch, dass die Verträge mit den Krankenkassen bis zum Auslaufen der Pilotphase am 30. September greifen. „Von der in unserem Projekt geschaffenen Infrastruktur profitiert schließlich nicht nur Sachsen. Sie kann auf ganz Deutschland und sogar Europa übertragen werden“, sagt er.

 

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