Bei Zahnschmerzen oder Entzündungen des Zahnfleischs denken die meisten an bakterielle Ursachen, die sich in der Regel in einer Behandlung beseitigen lassen. Doch in manchen Fällen liegen die Gründe für Beschwerden tiefer. „So gilt Stress als oft unterschätzter Auslöser für Erkrankungen im Mundraum“, weiß Dr. Christoph Sliwowski, Leiter der Zahnimplantat-Klinik Düsseldorf im St. Vinzenz-Krankenhaus. „Besonders bei chronischen Entzündungen oder unklaren Schmerzen bilden daher ausführliche Arzt-Patienten-Gespräche die Basis, um die Ursache zu ermitteln.“
Schnelle Reaktion – schwache Abwehr
Egal ob im Privatleben oder im Arbeitsalltag – stressige Situationen versetzen den gesamten Körper in Alarmbereitschaft. In der Folge steigen Blutdruck und Muskelspannung, der Organismus schüttet Adrenalin aus und der Herzrhythmus erhöht sich. Durch Konzentration auf diese Prozesse werden jedoch andere Vorgänge vernachlässigt. So schwächt anhaltender Stress zum Beispiel die Immunabwehr. Im Mundraum bedeutet dies, dass sich
Bakterien leichter im Gewebe festsetzen. Einmal entstandene Entzündungen wie Parodontitis oder sogenannte Aphthen – entzündliche Bläschen an der Wangenschleimhaut – lassen sich dadurch schlechter behandeln. „Neben der gezielten Bekämpfung der Erreger, etwa mittels PACT-Laser oder
Antibiotika, gilt es in diesen Fällen, Stressquellen zu erkennen und zu beheben, um den Körper auf natürlichem Wege zu stärken“, betont Dr. Sliwowski.
Nächtlicher Stressabbau
Wenn wir nachts zur Ruhe kommen, beginnt oft eine unbewusste Verarbeitung der tagsüber stattgefundenen Ereignisse. Auch hier spannt sich die Muskulatur an. Betroffene pressen dann im Schlaf ihre Zähne aufeinander oder reiben mit den Kiefern hin und her. In extremen Fällen schmerzt morgens der gesamte Mundraum. „Neben diesen kurzfristigen Beschwerden schädigen Knirscher auf lange Sicht auch die Zähne“, erklärt Dr. Sliwowski. „Durch die mahlenden Bewegungen verringert sich der schützende Zahnschmelz.“ Patienten reagieren dann empfindlich auf Hitze- oder Kältereize im Mund und das Risiko für Karies steigt. Neben speziell angefertigten Knirscherschienen, die nachts eingesetzt das Aufeinanderreiben verhindern, helfen gezielte Entspannungsübungen, eine langfristige Besserung zu erreichen.
Ungesunde Verhaltensmuster
Manches Mal verleitet uns Stress überdies zu ungesunden Verhaltensänderungen. Aus Zeitmangel fällt etwa die Zahnpflege nachlässiger aus als sonst. Für die Nutzung von Zahnseide oder Zwischenraumbürstchen fehlt erst recht die Zeit. Wer nun häufiger zur Zigarette greift, hemmt zudem die Durchblutung der Mundschleimhaut und fördert das Risiko für Parodontitis und Karies. Und auch die Ernährung ändert sich bei vielen: Fast Food, Süßigkeiten und Co. dominieren den Speiseplan. Lebensmittel, über die sich schädliche Bakterien im Mundraum ebenfalls freuen. „Betroffene sollten also auch in stressigen Zeiten Körper und Geist immer wieder die nötige Aufmerksamkeit schenken“, sagt Dr. Sliwowski. „So lässt sich die Mundgesundheit trotz angespannter Phasen aufrechterhalten.“