Schon recht lang gilt der Wirkstoff der Moosbeere, so die deutsche Bezeichnung der Cranberry, als sehr erfolgsversprechend im Kampf gegen die Zystitis. Während die Auswirkung der Beere bereits ausgiebig in Laboren untersucht wurde, folgten weiterführende Studien, die belegen sollten, dass die Cranberry tatsächlich in der Lage sei, Blasenentzündungen vorzubeugen. Im Sommer des letzten Jahres kamen die Wissenschaftler der National Taiwan University in Taipeh sowie Kollegen der Harvard School of Public Health in Boston jedoch zu einem recht ernüchternden Fazit: Die Beere „könne“ lediglich vor Harnwegsinfektionen schützen. Nachzulesen ist das im Schlussbericht der Metanalyse in den "Archives of Internal Medicine".
Wie hilft Cranberry?
Warum in der Auswertung sehr vorsichtig formuliert wurde, ist jetzt klar: Forscher haben zum einen zeigen können, dass Cranberrysaft einige Bakterienarten daran hindert, sich an die Zellwände der Harnwege zu heften. Verantwortlich für diese Wirkung ist eine Substanz, die sich Proanthocyanidin nennt. Diese gehört zu einer großen Gruppe von pflanzlichen Wirkstoffen, den Flavonoiden. Zum anderen ist die Annahme, dass Vitamin C, Zitronensäure und eine Reihe anderer Säureverbindungen aus der Cranberry den Urin ansäuern und so vor Bakterienwachstum schützen, inzwischen überholt. Heute weiß man, dass selbst große Mengen Cranberrysaft nicht ausreichen, um den pH-Wert im Urin so zu verändern, dass dieser in der Lage ist, Bakterien zu eliminieren. Dennoch war die Euphorie groß, als erste Studien zeigten, dass Kapseln mit Cranberry-Extrakten bei Frauen, die unter wiederkehrenden Blasenentzündungen litten, scheinbar einen antibiotischen Effekt erzeugten.Neuere Studien, die die Wirkung auch mithilfe von Placebo-Präparaten untersuchten, kamen allerdings zu dem Ergebnis, dass das Risiko für ein erneutes Auftreten einer Entzündung insgesamt bei allen Probandinnen zu sinken schien. Der Grund: Das Placebo enthielt irrtümlicherweise die aktiven Substanzen aus dem Cranberrysaft. Dieser sei zwar frei von der vermeintlichen Schlüsselkomponente Proanthocyanidin gewesen, aber nicht von Vitamin C. Das Fazit aus Taiwan fiel demzufolge so aus: Die Einnahme von Cranberry-Präparaten scheint durchaus einen positiven Effekt bei Frauen mit wiederkehrender Blasenentzündung zu bewirken. Als Prophylaxe bietet sich der beliebte Saft der Beere also durchaus an. Auch deutsche Ärzte meinen, dass die bewusste Einnahme nicht schaden könne.