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Sinne-Special – Teil 5: Das Riechen

Unser Geruchssinn ist eng mit unserem vegetativen Nervensystem verbunden. Deswegen lassen gute Düfte uns beispielsweise das Wasser im Mund zusammenlaufen und auf manche Menschen reagieren wir von vornherein merkwürdig zurückhaltend, weil wir sie „nicht riechen können“. Doch wie funktioniert das Riechen eigentlich und warum reagieren wir auf Gerüche in einer bestimmten Weise?

Wir sind in einem botanischen Garten. Umgeben von Blüten und Pflanzen aller Art nehmen wir tiefe Atemzüge ein und genießen die vielen unterschiedlichen Düfte. Doch wie können wir diese Düfte überhaupt wahrnehmen? Was geschieht in unserer Nase und wie kommt es dazu, dass wir gute und schlechte Gerüche unterscheiden?
 
Aufbau des Geruchsorgans
Die Nase lässt sich in äußere und innere Nase unterteilen. Letzte besteht aus den beiden Nasenhöhlen, welche das Geruchsorgan bilden. Das eigentliche Geruchsorgan besteht aus der Riechschleimhaut, die sich im linken und rechten Dach der oberen Nasenhöhle befindet. Sie beschränkt sich auf eine Fläche von gerade einmal 2x5 cm2. Hier befinden sich drei unterschiedliche Zelltypen: Die Riechsinneszellen, die Stützzellen und die Basalzellen, die undifferenzierte Riechzellen darstellen.
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Bis zu 20 Millionen Riechzellen befinden sich auf der Riechschleimhaut. Sie alle haben eine durchschnittliche Lebensdauer von einem Monat. An ihrem Lebensende werden sie durch die sogenannte Ausdifferenzierung der Basalzellen erneuert. Diese Art der Zellerneuerung ist ein recht seltenes Beispiel für das Nervensystem eines Erwachsenen. Sie ist jedoch für die Funktionsfähigkeit unsrer Nase unerlässlich, denn durch die exponierte Lage – die Riechzellenköpfe ragen aus der Schleimhaut heraus - sind sie auch ständigen schädlichen Einwirkungen durch die Atemluft ausgesetzt.

Die Riechsinneszellen, auch primäre Sinneszellen genannt, sind an ihrer Spitze mit Riechhärchen (Zilien) versehen sind, die in den Schleim hineinragen und am anderen Ende mit langen Nervenfortsätzen versehen sind. Diese sind mit den Mitralzellen im Riechkolben verbunden.

Wie funktioniert das Riechen?
Durch das Einatmen gelangt die Luft über verschiedenen Abzweigungen an die Riechschleimhaut. Unterschiedliche Riechzellen sind dabei für unterschiedliche Geruchsstoffe verantwortlich. Trifft ein Duftmolekül nun auf eine dafür passende Riechzelle, so dockt es an und setzt auf diese Weise einen Reiz frei. Die Signale mehrerer Riechzellen laufen so im Riechkolben zusammen. Geben ausreichend viele Riechzellen einen Reiz ab, so wird die Reizschwelle überwunden und die Information an verschiedene Regionen des Gehirns weitergeleitet. Hier wird der jeweilige Duft erkannt und interpretiert.

Für das Riechen kommen zwei verschiedene Nerven zum Einsatz: Der Olfaktorius und der Trigeminus. Ersterer ist für die eigentliche Wahrnehmung von Gerüchen zuständig, währen der Trigeminus auf beißende Gerüche wie Rauch oder Chlor anschlägt.

Unsere Duftwahrnehmung
Wir können etwa 10.000 Düfte unterscheiden. Teils werden diese in 7 verschiedenen Duftklassen eingeordnet: Minzig, blumig, ätherisch, faulig, campherartig (z.B. holzig), schweißig und moschusartig. Bemerkenswert an unserem Riechsystem ist der Wahrnehmungszusammenhang zwischen Qualität und Konzentration. Duftstoffe können in geringen Konzentrationen ganz anders riechen, als in höheren, z.B. riecht der Stoff Ionon in geringer Konzentration nach Veilchen und in höherer nach Holz.

Eine weitere Eigenheit unseres Riechapparats liegt in der Kreuzadaption. Sind wir bestimmten Düften ausgesetzt, beispielsweise dem Zigarettengeruch, dann entwickeln wir eine Geruchsblindheit. Die Adaption beschränkt sich auf eine Gruppe von reproduzierbaren Düften, d.h. andere Düfte, die unser Riechorgan nicht adaptiert hat, bleiben für uns weiterhin wahrnehmbar.

Warum können wir bestimmte Menschen nicht riechen?
Unser Geruchssinn ist eng verknüpft mit den biologisch ältesten und ausgeprägtesten Regionen des Gehirns. Kein Wunder, ist es doch der Sinn, der uns in der Frühzeit am stärksten in Sachen Überleben diente. Urmenschen „errochen“ sich alle möglichen Gefahren, wie Feuer, Raubtiere oder anbrechende Fluten. Auch schützte uns der Geruchsinn von Krankheiten und sicherte uns bei der Partnerwahl gesunde Nachkommen. Diese Funktionen sind nach wie vor gegeben, auch wenn der Geruchssinn im Vergleich zu unseren anderen Sinnen über die Jahrzehnte etwas ins Hintertreffen geraten ist. So beeinflusst der Geruch eines Menschen uns immer noch hinsichtlich unserer Sympathie. Auch die Partnerwahl wird unterbewusst von unserem Geruchsinn gesteuert. Weil abgesonderte Duftmoleküle Informationen hinsichtlich unseres Erbgutes enthalten, sagt unser Körper uns automatisch, ob die „richtige Chemie“ zwischen uns besteht, oder wir unser Gegenüber „nicht riechen können“. Diese natürliche Funktion sichert uns die bestmögliche genetische Ausgangsbasis für gesunde Kinder, denn je unterschiedlicher die kombinierten DNA sind, desto besser. In diesem Zusammenhang erklärt sich zudem die Attraktivität eines Menschen auf uns. Je besser eine Person genetisch ausgestattet ist, desto anziehender wirkt sie auf uns.

 

Quellen:
Niels Birbaumer, Robert F. Schmidt, Hans-Georg Schaible, Neuro- Und Sinnesphysiologie, Springer Verlag, 2010, S. 340-344

Wolfgang Mücke, Christa Lemmen, Duft und Geruch:

Wirkungen und gesundheitliche Bedeutung von Geruchsstoffen, Hüthig Jehle Rehm Verlag, 2010, S. 22-23

Planet Wissen, www.planet-wissen.de/natur_technik/sinne/riechen/index.jsp

 

 

 

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