Stellt Euch vor, wir lernen bei einem Treffen neue Leute kennen und schütteln ihnen die Hand. Wir spüren den Händedruck, ob dieser stark oder schwach ist, die Größe der Hand und die Beschaffenheit sowie die Temperatur der Haut. Dies liegt an verschiedenen Rezeptoren, die in der Haut ihre Aufgaben genauestens ausführen.
Aufbau der Haut
Das größte Sinnesorgan, das der Mensch besitzt, ist die Haut. Sie bedeckt den Körper und ist, abhängig von Körpergröße und –gewicht, etwa 1,7 Quadratmeter groß. Unsere Haut besteht aus verschiedenen Schichten, die alle unterschiedliche Funktionen erfüllen. Die Oberhaut (Epidermis) ist die äußerste Schicht, sie ist gefäßlos und besteht aus einem mehrschichtigen Plattenepithel. So wird die oberste Zellschicht bezeichnet, die aus flachen, miteinander verbundenen und daher besonders stabil bedeckenden Zellen besteht.
Es folgt die so genannte Lederhaut (Dermis oder Korium), die zusammen mit der Oberhaut die Haut im eigentlichen Sinne bildet. Sie enthält Blut- und Lymphgefäße, Nerven, Haarfollikel sowie Talg- und Schweißdrüsen. Sie verleiht der Haut einerseits Elastizität und andererseits Reißfestigkeit.
Die dritte Schicht ist die Unterhaut (Subkutis), die aus lockerem Bindegewebe besteht und die Haarwurzeln, Schweißdrüsen sowie Druck- und Vibrationsrezeptoren enthält.
Die Sinneswahrnehmung
Dem Tastsinn werden drei Sinnesqualitäten zugeordnet: Druck, Berührung und Vibration. Alle werden durch spezielle Sensoren vermittelt. Dazu kommt noch das Empfinden von Temperatur sowie Schmerz. Für jede Sinnesqualität sind verschiedene Rezeptoren zuständig. Je nachdem ob unser Gegenüber, dem wir gerade die Hand schütteln, nun beginnt zu schwitzen oder den Druck verändert, können wir das wahrnehmen.
Verantwortlich für den Tastsinn sind verschiedene sensible Nervenendigungen in den Hautschichten, die mechanische Reize spüren und deswegen auch Mechanorezeptoren genannt werden. Gleich vier dieser Sensoren sorgen für das Empfinden von Tasten und Berühren. Sie heißen Meißner-Tastkörper, Follikel-Rezeptoren, Merkel-Zellen sowie Ruffini-Körperchen für das Empfinden von Berührung sowie Tasten. Die so genannten Vater-Pacini-Lamellen-Körperchen sorgen dagegen dafür, dass wir Vibrationen wahrnehmen können. Diese verschiedenen Mechanorezeptoren leiten ihre gewonnenen Informationen über Nervenfasern an das Zentralnervensystem weiter.
Die Druckrezeptoren
Die Druckfühler, also die Merkel-Zellen und die Ruffini-Körperchen, reagieren auf die Verformung der Haut durch den Druck, der auf ihr lastet. Die Druckrezeptoren gewöhnen sich allerdings mit der Zeit an den Druck, weswegen ein gleichbleibender Händedruck uns anfangs stärker erscheint als zwischendurch und erst zum Ende hin wieder stärker wahrgenommen wird. Die Merkel-Zellen sind die Sensoren der unbehaarten Haut, in behaarten Bereichen sind sie zu Scheiben zusammengelagert (Merkel-Tastscheiben). Die Merkel-Zellen liegen an der Grenze zwischen Leder- und Unterhaut. Sie erfühlen senkrechten Druck, der auf die Haut ausgeübt wird. Die Ruffini-Körperchen, die sich zum größten Teil in den tieferen Schichten der Lederhaut befinden, registrieren dagegen vor allem die Dehnung des Hautgewebes.
Die Berührungssensoren
Meissner-Körperchen in der unbehaarten Haut sowie ihre Äquivalenten in der behaarten Haut, die Follikel-Rezeptoren, registrieren die Geschwindigkeit, mit der sich der jeweilige Reiz auf der Haut ändert. Je nachdem mit welcher Geschwindigkeit eine Deformation der Haut auftritt, kodieren die Rezeptoren eine Entladungsfrequenz. Zu Beginn der Reizung werden Entladungen ausgestoßen, doch schon schnell passen sich die Rezeptoren dem Druck an. Das sorgt unter anderem dafür, dass wir unsere Kleidung, die wir tragen, schon bald nicht mehr am Körper spüren.
Die Vibrationssensoren
Als weitere Rezeptoren gibt es noch die Vater-Pacini-Lamellen-Körperchen, die sich im Gewebe der Unterhaut befinden. Sie reagieren auf die Beschleunigung, mit der sich die Hautverformung verändert, sind also zuständig für das Empfinden von Vibration. Vibration ist das Resultat ständig wechselnder Beschleunigungen. Deswegen müssen die Vater-Pacini-Lamellen-Körperchen eine niedrige Reizschwelle besitzen, um Vibrationen wahrzunehmen. Sie reagieren deshalb am sensibelsten von allen Mechanorezeptoren.
Wie spürt die Haut den Druck?
Die Rezeptoren sind am ganzen Körper zu finden, jedoch sind sie extrem unterschiedlich verteilt. Die bestimmten Stellen, an denen man Berührungen spürt, werden Tastpunkte genannt. Die meisten Tastpunkte sind auf der Handinnenfläche, vor allem auf der Kuppe des Zeigefingers, auf der Zunge sowie in der Mundhöhle angesiedelt. So fühlt man den gleichen Druck oder die gleiche Vibration an der Fingerkuppe beispielsweise viel stärker als im Bereich des Rückens. Auf der Hand befinden sich bis zu 20 Tastpunkte auf einem Quadratzentimeter Haut, das heißt alle ein bis drei Millimeter befindet ist ein Rezeptor. Zum Vergleich: Am Rücken sind die Rezeptoren in bestimmten Bereichen mehr als 60 Millimeter voneinander entfernt. Nicht umsonst ist also immer wieder vom Feingefühl in den Fingern die Rede.
Diesen Abstand der Tastpunkte kann man durch einen relativ einfachen Test bestimmen. Die so genannte Raumschwelle zeigt, wie groß der Abstand von zwei Reizen sein muss, um als getrennt wahrgenommen zu werden. Als Testgerät kann man dafür beispielsweise einen Stechzirkel oder eine auseinandergebogene Büroklammer verwenden. Je kleiner der Abstand der zwei Enden ist, wenn die Testperson zwei einzelne Reize wahrnehmen kann, desto größer ist das räumliche Auffassungsvermögen.
Entwicklung und Gesundheit
Der Tastsinn ist der erste der Sinne, der sich beim Menschen entwickelt. Bereits ab der achten Schwangerschaftswoche kann das Ungeborene erste Druckempfindungen wahrnehmen. Nach der Geburt sind Berührungen für das Baby äußerst wichtig, denn nur durch Körperkontakt reifen die Prozesse des Tastsinns optimal heran. Vor allem Vernetzungen im Gehirn, an das die Rezeptoren ihre Wahrnehmungen zur Verarbeitung weiterleiten, prägen sich so bestmöglich aus.
Im Alter ist die Haut nicht mehr so widerstandsfähig, da sie oft sehr trocken und nicht mehr richtig durchblutet ist. Deshalb müssen Pfleger besonders ihren Tastsinn trainieren, um den Patienten nicht unnötig Schmerzen zuzufügen. Dazu gibt es mehrere Möglichkeiten: Generell hilft häufiges, aktives Benutzen der Hände. Beispielsweise kann man mit geschlossenen Augen versuchen, Gegenstände und Formen zu erfühlen. Oberflächen abtasten und beschreiben ist ebenfalls ein probates Mittel. Während der Übungen sollte darauf geachtet werden, dass die anderen Sinne möglichst wenig beschäftigt werden. Geschlossene Augen, eine niedrige Geräuschkulisse und kein aufdringlicher Geruch führen zu einem wahrscheinlicheren Erfolg.
Quellen:
Grunwald, Martin; Beyer, Lothar (Hrsg.): Der bewegte Sinn: Grundlagen und Anwendungen zur haptischen Wahrnehmung, Birkhäuser Basel, 2001, S. 25-38
Huppelsberg, Jens; Walter, Kerstin: Kurzlehrbuch Physiologie, Thieme, 2005, S. 301-303
Zervos-Kopp, Jürgen: Anatomie, Biologie und Physiologie, Thieme, 2009, S. 361-3