Besser schlafen – Tipps von Schlaftherapeutin Christine Hansen Derk Hoberg
Schlafcoaching

Besser schlafen – Tipps von Schlaftherapeutin Christine Hansen

Die diplomierte Schlaftherapeutin Christine Hansen klärt im Interview über die gängigsten Schlafprobleme auf und bietet einfache Lösungsvorschläge für erholsameren Schlaf.
gesündernet: Frau Hansen, mit einem kleinen Augenzwinkern und um zu sehen, ob wir Ihnen trauen können: Schlafen Sie immer gut?

Christine Hansen: Ich schlafe in den allermeisten Fällen sehr gut, ja (lacht).

gesündernet: Bestens. Sie sind Schlaftherapeutin, wie wird man das?

Christine Hansen: Angefangen habe ich als Kinder-Schlafcoach, dafür habe ich nach dem Studium der Sleep Science ein Diplom gemacht. Nach einer gewissen Zeit merkte ich aber, dass auch immer mehr Erwachsene Schlafprobleme haben und sattelte um. Aufgrund meiner Erfahrung wurde mir schnell klar, dass man möglichst breit aufgestellt sein sollte, um Schlafprobleme gänzlich zu verstehen. Also absolvierte ich eine weitere Ausbildung zur Ernährungstherapeutin und bildete mich auch in Sachen funktionelle Diagnostik weiter. Mit dieser Kombination, finde ich, kann ich meinen Patienten am besten helfen.

gesündernet: Was bedeutet das genau?

Christine Hansen: Zum einen sehe ich mir den Lebensstil des Betroffenen an, wie sehr man unter Stress leidet zum Beispiel. Neben diesem klassischen Coaching geht es aber auch in den biochemischem Bereich. Ich prüfe, ob Entzündungen im Körper vorliegen, Hormonschwankungen vorhanden sind oder Nahrungsmittelunverträglichkeiten vorliegen. In der Gesamtheit erhält man so ein schönes Paket, um den Körper wieder in Balance zu bekommen.

gesündernet: Dafür arbeiten Sie auch mit Ärzten zusammen.

Christine Hansen: Ja, ich arbeite eng mit den Ärzten meiner Kunden zusammen und bekomme beispielsweise Labor-Ergebnisse, die mir helfen können.

gesündernet: Ist es tatsächlich so, dass heutzutage immer mehr Menschen unter Schlafproblemen leiden?

Christine Hansen: Natürlich werden solche Probleme heute mehr thematisiert als früher, es ist kein absolutes Tabu-Thema mehr. Aber ich denke, dass es tatsächlich an unserer heutzutage doch sehr geregelten Welt liegt, in der wir leben. Die meisten von uns würden normalerweise gar nicht in diesem Rhythmus funktionieren, von acht oder neun bis um sechs Uhr abends zu arbeiten. Dadurch leben viele in einer Art konstantem Jetlag. Das hat im Vergleich zu früher deutlich zugenommen. Zudem ist die Schlaf-Wissenschaft aber noch ein sehr junges Feld, hat sich erst seit den 1970er Jahren entwickelt. Da ist es nur logisch, dass erst jetzt immer mehr Dinge ans Licht kommen.

gesündernet: Ab wann spricht man denn überhaupt von Schlafproblemen?

Christine Hansen: Die gängige Definition ist, über mindestens drei Monate hinweg mehr als drei Tage pro Woche schlecht zu schlafen. Dann hat man, medizinisch gesehen, mit Schlafproblemen zu kämpfen. Ich würde aber sagen, dass diese bereits vorliegen, wenn man merkt, dass der schlechte Schlaf den eigenen Alltag belastet, sowohl körperlich als auch geistig.

gesündernet: Wer also hin und wieder mal schlecht schläft, sei es aufgrund schlechter Träume oder anderer Ursachen, hat kein generelles Schlafproblem?

Christine Hansen: Nein. Ich rate meinen Kunden dann auch immer, keine Panik zu bekommen. Das kann auch mal an einem zu spät getrunkenen Kaffee liegen oder an Lebensmittel-Unverträglichkeiten, von denen man selbst vielleicht noch gar nichts weiß. Das kann man in den meisten Fällen ja leicht beheben.

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Christine Hansen ist Schlafexpertin von eve Sleep und Autorin des Bestsellers "Sleep like a Boss"  - Auf ihrer gleichnamigen Homepage erfährt man mehr über sie


gesündernet: Welche Folgen kann andauernder Schlafmangel hingegen haben?

Christine Hansen: Leider jede Menge schlechte, auch wenn man nicht direkt an den Folgen von Schlafmangel sterben kann. Der Körper nimmt sich dann schon den Schlaf, den er braucht – und wenn es eben nur Nano-Sekunden sind, von denen man selbst gar nichts mitbekommt. Neurologisch gesehen werden unsere kognitiven Fähigkeiten aber deutlich eingeschränkt, man wird unkonzentrierter und insgesamt langsamer. Man wird auch immer weniger gut mit Stresssituationen umgehen können und wer ohnehin für Depressionen anfällig ist, bei dem steigt dieses Risiko weiter. Bei wenig Schlaf können unsere Zellen zudem nicht ausreichend regenerieren, zerstörte Zellen werden nicht mehr entfernt. Das betrifft auch unsere Muskeln, deren Aufbau dadurch gebremst werden kann. Fette werden nicht mehr richtig abgebaut und auch die Leber kommt mit dem Entgiften des Körpers nicht mehr hinterher.

gesündernet: Wenn weniger Fett abgebaut wird, nimmt man bei Schlafmangel also auch zu?

Christine Hansen: Absolut. Der Körper, im speziellen Leber und Galle, hat nicht genug Zeit, um die verschiedenen Protein-Verbindungen zu produzieren, die auch den Fettabbau anregen. Zum anderen neigt der Körper schon rein evolutionär dazu, Fett in Stress-Situationen eher im Körper zu speichern, als es abzugeben. Wer entspannter ist, nimmt auch leichter ab, weil der Körper dann auch von sich aus dazu bereit ist, Fett abzubauen.

gesündernet: Stimmt es, dass man mit zunehmendem Alter immer weniger Schlaf benötigt?

Christine Hansen: Nein, das stimmt nicht, auch wenn sich das Schlafverhalten im Laufe des Lebens, vom Säugling bis ins hohe Alter, natürlich verändert. Ältere Menschen klagen häufig über weniger Tiefschlafphasen, deshalb benötigen sie aber immer noch genauso viel Schlaf wie in jüngeren Jahren. Das kann aber auch ganz banale Gründe wie den regelmäßigen Mittagsschlaf haben, den viele im Rentenalter einlegen. Oder es fehlt an frischer Luft und ausreichend Sonnenlicht, was bei pflegebedürftigen Menschen natürlich sehr leicht der Fall sein kann.

gesündernet: Was sind denn die häufigsten Ursachen für schlechten Schlaf?

Christine Hansen: Häufig liegt es am Stress, den wir nicht mehr richtig verarbeiten können, heutzutage. Unser soziales Leben hat sich sehr verändert, das Zusammensein mit der Familie ist nicht mehr so intensiv wie früher, wir essen zum Beispiel kaum mehr im Familienkreis zusammen. Und wenn wir dann essen, dann eben häufig und schnell und das Falsche. Zu viel Zucker, zu viel Fette, zu viele Pestizide gelangen in unseren Körper. Zusätzlich – und das wissen die meisten eben auch nicht, obwohl 70 Prozent der Bevölkerung davon betroffen sind – kann Parasiten- und Bakterienbefall ebenfalls negativen Einfluss auf unseren Schlaf haben. Vor allem dann, wenn wir ohnehin gestresst sind und unser Immunsystem dadurch belastet ist. Dann starten die – plakativ gesagt – um zwei Uhr morgens ihre Party und lassen Sie nicht mehr schlafen. Das sollte man also ärztlich testen lassen, wenn man Schlafprobleme hat. Die Mikrobiologie ist auch in der Schlafforschung auf dem Vormarsch und der Magen kann einen enormen Einfluss auf unseren Schlaf haben.

gesündernet: Warum macht sich der Stress im Schlaf bemerkbar?

Christine Hansen: Häufig fehlt uns heutzutage Zeit, beziehungsweise nehmen wir sie uns einfach nicht. Zum Beispiel geben wir unserem Gehirn tagsüber kaum noch Chancen, mit unseren Problemen klarzukommen. Das Gehirn nimmt sich die Zeit dann selbst und zwar genau dann, wenn es die Gelegenheit dazu hat: gegen zwei oder drei Uhr morgens. Man träumt schlecht, wacht ständig auf. In unseren Träumen versucht unser Gehirn tatsächlich, angehäufte Probleme zu lösen oder Themen, teilweise auch schmerzhafte, die wir noch nicht richtig verstanden haben, zu verarbeiten.

gesündernet: Was wäre eine geeignete Maßnahme, um nicht alles im Schlaf verarbeiten zu müssen?

Christine Hansen: Man muss sich seiner Probleme bewusst werden und es würde dann schon helfen, sich täglich ein paar Minuten Zeit zu nehmen und über die Themen nachzudenken, die einen beschäftigen. Dabei ist es gar nicht so wichtig, ob man eine Lösung für das Problem findet, alleine der Prozess hilft bereits, sich dessen bewusst zu werden. Deshalb hilft es auch, mit der Familie die Themen zu besprechen, die uns auf dem Herzen liegen. Oder man führt eine Art Tagebuch und deshalb rate ich häufig, Probleme zu notieren. Das können nur ganz kurze kleine Notizen zu einem unangenehmen Thema sein, neurologisch wird dieses dann aber ganz anders verarbeitet, als wenn wir nur darüber nachdenken würden. Das hilft dem Gehirn ungemein, Sachen zu verarbeiten.

gesündernet: Wenn man nachts nun doch aufwacht und von unangenehmen Gedanken verfolgt wird und nicht wieder einschlafen kann: Wie kommt man aus dieser Spirale wieder heraus?

Christine Hansen: Da gibt es verschiedene Möglichkeiten, um sich von störenden Gedanken zu befreien. Zum einen sollte man dann nicht unbedingt im Bett bleiben. Wenn der Schlaf weg ist, ist er nun mal weg und es wird dann meist nur noch schlimmer, wenn man auf Gedeih und Verderb versucht, diese Gedanken loszuwerden und sofort wieder einzuschlafen. Das Schlafzimmer zu verlassen, ein kurzzeitiger Tapetenwechsel ist dann durchaus angebracht und nach einer Weile kann man dann auch hoffentlich wieder schlafen. Ein weiterer Tipp sind bestimmte Atemübungen. Damit kann man sich gewissermaßen zwingen, sich durch die Ablenkung wieder zu beruhigen. In meinen Augen ist es aber am wichtigsten, dem Ganzen wie oben geschildert bereits tagsüber vorzubeugen.

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Auch das Ambiente im Schlafzimmer muss stimmen (©Eve Mattress)

gesündernet: Gibt es eine bestimmte Schlafposition, die Sie ihren Patienten für einen erholsamen Schlaf empfehlen?

Christine Hansen: Idealerweise schläft man tatsächlich am besten auf der linken Seite. Und zwar so, dass die Wirbelsäule gerade liegen kann. Das liegt zum einen an der Position der Lungenflügel und auch daran, dass der Magen auf der rechten Seite beheimatet ist. Dadurch können die Verdauung und die Blutzirkulation besser arbeiten. Im Prinzip ist das aber alles sehr individuell und man dreht sich in der Nacht ja auch mehrfach um. Dadurch relativiert sich das natürlich ein wenig und man sollte da dem eigenen Körper ruhig vertrauen. Wer jedoch Atemprobleme im Schlaf hat, sollte darauf achten, nicht auf dem Rücken zu schlafen. Bauchschläfer wiederum darauf, dass ihr Genick nicht zu weit zur Seite abgeknickt wird. Jemand, der schnarcht, könnte sich beispielsweise auch ein Kissen in den Rücken legen, um zu verhindern, dass er aus der seitlichen Position wieder zurück auf den Rücken rollt.

gesündernet: Ist Schnarchen generell gefährlich?

Christine Hansen: Es kann gefährlich sein, ja. Schnarcher merken es daran, wenn sie trotz ausreichend Schlaf nach dem Aufstehen noch immer müde sind. Dann empfehle ich, sich in einem Schlaflabor untersuchen zu lassen, ob eine Schlafapnoe vorliegt.

gesündernet: Was gibt es bei den Kissen zu beachten?

Christine Hansen: Seitschläfer sollten darauf achten, dass die Kissen nicht zu hoch sind, damit der Nacken nicht zu sehr abgeknickt wird. Auch beim Rückenschläfer ist es besser, wenn die Kissen nicht zu hoch sind. Bauchschläfern rate ich dagegen, das Kissen nicht unter dem Kopf zu haben, sondern flach unter dem Brustkorb, damit man besser atmen kann.

gesündernet: Stichwort Einschlafroutine: Wie bereitet man sich denn kurz vor dem zu Bett gehen optimal vor, um gut zu schlafen?

Christine Hansen: Eine gute Einschlafroutine sollte um die 30 Minuten dauern, nicht länger. Im Optimalfall setzen wir uns in diesem Zeitraum keinem grellen Licht mehr aus – oft ist das Badezimmer aber paradoxerweise der hellste Raum, den wir überhaupt in der Wohnung haben. Dazu kommen vier bis fünf Abläufe, die jeden Abend die gleichen sein sollten. Kleider für den nächsten Tag rauslegen, Fenster noch mal öffnen, Zähne putzen, noch kurz lesen und dann das Licht endgültig ausschalten. Auch bei der Einrichtung des Schlafzimmers sollte man so spartanisch wie möglich vorgehen, Körper und Geist sollen wissen, dass es in diesem Raum um nichts anderes als das Schlafen geht.

gesündernet: Und was sollte man zum Abschluss kurz vor dem Schlafengehen am besten nicht mehr machen?

Christine Hansen: Man sollte vor allen Dingen blaues Licht vermeiden, wie es Monitore aller Art ausstrahlen. Fernseher, Handys, Tablets. Wer tatsächlich Schlafprobleme hat, sollte zudem nach 12 Uhr mittags keinen Kaffee mehr trinken, am besten sogar überhaupt gar keinen mehr. Auch Alkohol beeinflusst den Tiefschlaf negativ. Man schläft zwar, erholt sich aber nicht so gut. Auch von Schlaftabletten rate ich natürlich ab, schließlich setzen diese nicht an den Ursachen für die Schlafprobleme an.