Entgiftung und Darmspülungen – ungeeignet als Wellness Maßnahmen thinkstockphotos.com

Entgiftung und Darmspülungen – ungeeignet als Wellness Maßnahmen

Warum man mit Darmspülungen nicht sorglos umgehen sollte und warum sie als Wellness-Maßnahmen unbrauchbar sind, erklärt Prof. Dr. med. Curt Diehm in seinem heutigen Gastbeitrag.
Einige selbst ernannten Stoffwechselexperten versprechen, dass es durch manche Diäten zu einer „Entgiftung“ des Körpers kommt. Vielfach wird auch von einer Entschlackungskur gesprochen. Im Wellnessbereich wird zudem auch der Begriff „Detox“ verwendet. Derartige Konzepte boomen derzeit, etwa in Form von Entschlackungstees, beispielsweise dem Löwenzahntee, extremen Fastenkuren und anderen Entgiftungsmittelchen. Es wird kolportiert, dass beim Stoffwechsel Giftstoffe wie Sauerstoffradikale oder Ammoniak entstehen. Diese gilt es bei Entschlackungsaktionen los zu werden.

Aus der Sicht der evidenzbasierten Medizin sind diese Versprechen ein glatter Unsinn. Es gibt schlichtweg keine Schlacken im Organismus. Stoffwechselprodukte, die wir nicht mehr verwerten können, scheidet der Organismus über Niere, Leber, Darm, Lunge und Haut aus. Entschlacken ist wissenschaftlich nicht begründbar.

Richtig ist, dass manche Giftstoffe wie DDT, Dioxin und Biphenyle im Körper beträchtlich ansteigen. Das hängt damit zusammen, dass Körperfett nicht nur für den Wärmehaushalt und als Energiereserve wichtig ist. Fettgewebe ist eben leider auch ein „Zwischenlager“ für fettlösliche Gifte. Die populären Methoden zur „Entgiftung“ helfen jedoch nicht, diese zwischengelagerten schädlichen Stoffe aus dem Körper zu entfernen. Detox-Behandlungen gehören komplett in den Bereich der Geschäftemacherei.

Ganz schräg werden solche Heilfastenkuren, wenn Therapeuten gleichzeitig noch Abführmittel einsetzen oder wenn gar zusätzliche Darmsspülungen durchgeführt werden. Protagonisten solcher als Wellness getarnter Methoden vertreten die Auffassung, dass sich im Enddarm/Dickdarm Schadstoffe befinden, die möglichst aus dem Körper transportiert werden sollten. Deshalb raten sie zu regelmäßigen Darmspülungen. Es wird verbreitet, die Vergiftungen seien für Beschwerden wie Kopfschmerzen, Übelkeit und verminderte Leistungsfähigkeit verantwortlich.

Aus medizinischer und gastroenterologischer Sicht gibt es dafür überhaupt keinen Grund. Regelmäßige Darmspülungen können sogar gefährlich sein und bis zum Nierenversagen führen. Es ist ganz und gar unsinnig, Schlacken aus dem Dickdarm ausspülen zu wollen. „Wellness für den Darm“ sei möglicherweise emotional ein beeindruckendes Erlebnis, wie manche Darmspezialisten vermuten. Sie glauben, dass beim Spülen zu viel Druck im Bauch aufgebaut wird, der dann nachlässt, wenn der Abführprozess beendet ist. Das Gefühl der Erleichterung bedeutet aber in keiner Weise, dass diese Maßnahme gesund wäre. Also: Finger weg von Darmspülungen.

In den dargestellten Fällen sind Entschlackungs- und Abnehmwillige in erster Linie Opfer, die für ein falsches Versprechen bereit sind, einiges über sich ergehen lassen. Vielfach wird durch diese aggressiven Abnehmverfahren sogar das Gegenteil erreicht. Also entgiften sie den Bauch nicht. Der macht das von ganz alleine. Nicht verwertbare Stoffe scheidet unser Körper über Darm und Nieren aus. Und Abnehmen kann man mit Darmspülungen leider auch nicht.

Der Autor

Prof. Dr. med. Curt Diehm zählt zu den führenden Medizinern im Südwesten Deutschlands, er ist Autor zahlreicher Fach- und Patientenbücher und langjähriger Präsident der Deutschen Gesellschaft für Gefäßmedizin. Seit Mitte 2014 leitet er als Ärztlicher Direktor die renommierte Max Grundig Klinik in Bühl. Alle Beiträge dieser Serie zum Nachlesen unter www.max-grundig-klinik.de.



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