Long-COVID – Wie ernst muss man das nehmen? Adam Nieścioruk on Unsplash
Gesund mit Diehm

Long-COVID – Wie ernst muss man das nehmen?

Nachdem die akute COVID-19 Infektion dank der Impfungen zusehends ihren Schrecken verliert, rückt nun Long-COVID verstärkt in den Fokus. Eine neue Studie liefert erstaunliche Ergebnisse. Informationen rund um den menschlichen Körper und die Gesundheit – erklärt von Prof. Dr. Curt Diehm.
Long-COVID – damit bezeichnet man Symptome, die typischerweise mindestens vier Wochen oder später nach der Erkrankung an COVID-19 auftreten oder fortbestehen. Zu den gesundheitlichen Langzeitfolgen zählen dabei verschiedenste Beeinträchtigungen der Gesundheit sowie Einschränkungen in der Funktionsfähigkeit und Lebensqualität. Verschiedenste Symptome können dabei einzeln oder in Kombination auftreten und unterschiedlich lange anhalten. Eine einheitliche Definition gibt es bisher nicht.

Zu den bisher beobachteten Langzeitfolgen zählen unter anderem: Müdigkeit, Erschöpfung und eingeschränkte Belastbarkeit, Kopfschmerzen, Atembeschwerden, Geruchs- und Geschmacksstörungen, Muskelschwäche und -schmerzen, Konzentrations- und Gedächtnisprobleme, depressive Verstimmungen sowie Schlaf- und Angststörungen. Auch über Brustschmerzen, Herzklopfen und selbst Diabetes bis hin zu Haarausfall wurde in Patientenforen berichtet.

Long-COVID - Neue Studie aus Frankreich

Ein Forscherteam aus Frankreich hat sich nun dem Thema umfassend angenommen und dazu die Daten von über 26.000 Befragten einer Internetumfrage zum Gesundheitszustand der französischen Bevölkerung ausgewertet.

Demnach gaben 13,8% der Personen, deren COVID-19-Infektion durch einen Antikörpertest belegt war an, unter Abgeschlagenheit und Müdigkeit (Fatigue) zu leiden. Über dasselbe Symptom klagten aber auch 12,6%, die zwar behaupteten, an COVID-19 erkrankt gewesen zu sein, jedoch keine Antikörper gebildet hatten.

Von den Personen, die meinten, noch nicht an COVID-19 erkrankt gewesen zu sein und bei denen der Antikörpertest negativ ausgefallen war, litten nur 2,5 % unter einer Fatigue. Aber auch bei Personen, die gar nichts von ihrer überstandenen COVID-19-Erkrankung wussten, war das Symptom Fatigue mit einer Häufigkeit von 3,5 % relativ selten.

Bei den meisten anderen Long-COVID Symptomen ergab sich ein ähnliches Bild. Das Team aus Paris fand bei 15 von 18 möglichen Long-COVID Symptomen eine signifikante Assoziation mit der subjektiven Überzeugung, bereits an COVID-19 erkrankt gewesen zu sein. Die Forschenden kamen darum zu dem Schluss, dass viele Menschen offenbar dazu neigen, aktuelle Gesundheitsbeschwerden auf eine vorherige COVID-19 Infektion zu schieben – auch, weil derzeit so viel über die Pandemie und ihre Folgen berichtet wird.

Verstehen Sie mich bitte nicht falsch. Ich möchte weder COVID-19 noch Long-COVID verharmlosen. Ganz im Gegenteil. Aber Müdigkeit, Abgeschlagenheit, Kurzatmigkeit, Konzentrationsstörungen, Schlafstörungen und alle anderen im Zusammenhang mit Long-COVID genannten Symptome können auch andere, zum Teil durchaus gefährliche Ursachen haben. Darum: Sollten Sie unter einem dieser Symptome leiden, sprechen Sie bitte mit dem Arzt Ihres Vertrauens darüber. Er kann gemeinsam mit Ihnen die mögliche Ursache gezielt herausfinden und dann auch behandeln. Ganz unabhängig von COVID-19.
Zur Person

Prof. Dr. med. Curt Diehm zählt zu den führenden Medizinern im Südwesten Deutschlands, er ist Autor zahlreicher Fach- und Patientenbücher und langjähriger Präsident der Deutschen Gesellschaft für Gefäßmedizin. Seit Mitte 2014 leitet er als Ärztlicher Direktor die renommierte Max Grundig Klinik in Bühl. Alle Beiträge dieser Serie zum Nachlesen unter www.max-grundig-klinik.de.

 

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