Doping am Arbeitsplatz: 117.000 Fälle in Bayern thinkstockphotos.com

Doping am Arbeitsplatz: 117.000 Fälle in Bayern

Die DAK Gesundheit hat in einer Pressemitteilung aktuelle Zahlen aus ihrem Gesundheitsreport 2015 veröffentlicht. Demnach nutzen in Bayern regelmäßig 170.000 Berufstätige verschreibungspflichtige Medikamente, um am Arbeitsplatz leistungsfähiger zu sein oder Stress abzubauen.

Für die repräsentative Studie wertete das IGES Institut die Fehlzeiten aller erwerbstätigen DAK-Mitglieder in Bayern aus. Es wurden zudem Arzneimitteldaten der Kasse analysiert und bundesweit mehr als 5.000 Beschäftigte im Alter von 20 bis 50 Jahren befragt. Demnach haben sich 7,2 Prozent der Berufstätigen in Bayern schon einmal gedopt – mit Dunkelziffer sogar bis zu 12,9 Prozent. Hochgerechnet auf die Erwerbstätigen in Bayern sind das 926.000 Menschen, die schon einmal leistungssteigernde oder stimmungsaufhellende Medikamente genommen haben. Derzeit betreiben etwa 117.000 der Erwerbstätigen in Bayern regelmäßig und gezielt Hirndoping. „Auch wenn Doping im Job noch kein Massenphänomen ist, sind diese Ergebnisse ein Alarmsignal“, warnt Gottfried Prehofer, Landeschef der DAK-Gesundheit in Bayern. „Nebenwirkungen und Suchtgefahr sind nicht zu unterschätzen. Deshalb müssen wir auch beim Thema Gesundheit vorausschauen und über unsere Wertvorstellungen und Lebensstilfragen diskutieren.“

Darum greifen Arbeitnehmer zu Medikamenten

Auslöser für den Griff zur Pille sind meist hoher Leistungsdruck sowie Stress und Überlastung. Männer greifen eher zu leistungssteigernden Mitteln, Frauen nehmen häufiger stimmungsaufhellende Medikamente ein. Entgegen der landläufigen Meinung sind es nicht primär Führungskräfte oder Kreative, die sich mit Medikamenten zu Höchstleistungen pushen wollen. Der DAK-Report zeigt, dass vor allem Erwerbstätige mit einfachen Jobs gefährdet sind. Auch Beschäftigte mit einem unsicheren Arbeitsplatz haben ein erhöhtes Doping-Risiko. „Hirndoping ist mittlerweile beim ‚Otto Normalverbraucher‘ angekommen, um den Arbeitsalltag besser zu meistern. Das Klischee der dopenden Top-Manager ist damit vom Tisch“, so Prehofer.

Antidepressiva und Wachmacher werden am häufigsten eingesetzt

Häufig werden dafür Betablocker und Antidepressiva eingesetzt, aber auch Wachmacher und ADHS-Pillen – Medikamente also, die eigentlich zur Behandlung von Krankheiten verschrieben werden. In Bayern stieg zum Beispiel die Zahl der DAK-Versicherten, die von ihrem Arzt eine Methylphenidat-Verordnung (Ritalin) erhalten haben, von 2011 bis 2013 um 68 Prozent an. Methylphenidat ist zur Therapie von Aufmerksamkeitsstörungen zugelassen. Für knapp neun Prozent der DAK-Versicherten, die dieses Medikament bekamen, konnte die Kasse in den Behandlungsdaten aber keine Hinweise auf ADHS finden. Auffällig auch das Medikament Fluoxetin: Die Verordnungsraten für das Antidepressivum stiegen um sieben Prozent, doch jedes vierzehnte Rezept blieb ohne nachvollziehbare Diagnose. „Die Ergebnisse unseres Reports zeigen, dass es eine deutliche Grauzone bei den Verordnungen gibt. Wir vermuten, dass aus dieser Grauzone ein Teil der zur Leistungssteigerung missbrauchten Medikamente stammt“, sagt Prehofer.

Zahlen für Deutschland

Bundesweit berichtet die Krankenkasse von rund drei Millionen Deutschen, die zu verschreibungspflichtigen Medikamenten greifen, um in der Arbeit eine bessere Leistung zu erbringen oder Stress abzubauen. In den vergangenen sechs Jahren ist das pharmakologische Neuro-Enhancement, wie das Doping am Arbeitsplatz von Experten genannt wird, stark gestiegen:  Von 4,6 Prozent im Jahr 2008 auf 6,7 Prozent 2014.

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