Alkohol in der Schwangerschaft: Folgen nicht unterschätzen thinkstock
Familie und Sucht

Alkohol in der Schwangerschaft: Folgen nicht unterschätzen

Eine britische Langzeitstudie zum Thema Alkohol während der Schwangerschaft sorgte im Sommer 2013 für heiße Diskussionen. Medien berichteten von den vermeintlich unbedenklichen Gläschen, die sich eine werdende Mutter laut Studie regelmäßig gönnen darf. Im Rahmen des 13. Suchtforums in Bayern wurde das Thema erneut unter die Lupe genommen.

Alkohol oder nicht? Ärzte hierzulande sind sich jedenfalls einig: Beim Thema Alkohol und Schwangerschaft dürfe es keine Ausnahmen geben. Prof. Dr. Kristina Leuner von der Molekularen und Klinischen Pharmazie der Universität Erlangen-Nürnberg weiß um die Folgen der umstrittenen Studie und kritisiert Schlussfolgerungen wie „Bis zu sieben kleine Gläser Alkohol wöchentlich seien unbedenklich“ und „Es zeige sich kein negativer Effekt des Alkohols“.

„Mit diversen Aussagen, deren Zusammenhang im Internet mitunter sogar völlig ausbleibt, werden junge Frauen stark verunsichert“, so Leuner. „Die Schwangerschaft ist eine empfindliche Entwicklungsphase, bei der jede Form des Drogenkonsums negative Auswirkungen auf die Entwicklung des Fetus und des Kindes hat.“ In der Langzeitstudie untersuchten britische Wissenschaftler, inwieweit das Balanciervermögen 10-jähriger Kinder, deren Mütter während der Schwangerschaft Alkohol konsumierten, beeinträchtigt ist. Laut den Forschern ist dies ein guter Indikator für die neurologische Entwicklung, da die Fähigkeit zum Balancieren direkt in der pränatalen Entwicklung begründet liege.

Die Studie schloss mit dem Ergebnis ab, dass 0,1 Liter Wein oder 0,2 Liter Bier pro Woche keinen Einfluss auf die Balance und damit Entwicklung des Kindes nehme. Weshalb überhaupt darüber diskutiert wird, wie viel Milliliter Alkohol pro Tag als unbedenklich gelten, ist Leuner und vielen ihrer Kollegen allerdings unklar. Fakt ist, dass jährlich rund 5000 Babys in Deutschland zur Welt kommen, die das sogenannte Fetale Alkohol Syndrom (FAS) zeigen. Fehlbildungen, die Gesicht, Extremitäten und Herz betreffen, sind hier erste Anzeichen des Alkoholsyndroms. Im späteren Verlauf können psychiatrische Erkrankungen oder Aufmerksamkeitsstörungen (ADHS) auftreten, die das Krankheitsbild zudem bestimmen. „Während sich kraniofaziale Fehlbildungen im Erwachsenenalter zurückbilden, bleiben Verhaltensauffälligkeiten bestehen und nur knapp 30 % der Betroffenen sind in der Lage, eigenständig zu leben“, weiß Leuner.

Alkohol gelangt durch die Plazenta direkt zum Fetus, weshalb völlig unklar bleibt, wie viel Alkohol nötig ist, um dem Ungeborenen zu schaden. Zudem spielen Alter, genetische Ausstattung und andere Faktoren für die Verträglichkeit eine wesentliche Rolle. Daher ist es die Botschaft zahlreicher Ärzte, während der Schwangerschaft auf Alkohol komplett zu verzichten.

Weitere Informationen zum Thema Sucht und Familie finden Sie auch in einem ausführlichen Interview mit der bayrischen Staatsministerin für Gesundheit und Pflege Melanie Huml.