Interview mit Dr. Susanne Fink-Tornau – Ernährung und Darmkrebs www.thinkstockphoto.de

Interview mit Dr. Susanne Fink-Tornau – Ernährung und Darmkrebs

Jährlich erkranken 65 000 Menschen an Darmkrebs. Ungesunde Ernährungs- und falsche Lebensgewohnheiten sowie erbliche Veranlagungen und äußere Einflüsse erhöhen das Darmkrebsrisiko bei jedem Menschen. Wir sprachen mit der Ernährungsexpertin Dr. Susanne Fink-Tornau über die Krankheit und wie man erfolgreich Prävention betreiben kann. Zum Schluss könnt Ihr außerdem anhand eines Fragebogens von Dr. Dr. Stefan Hillejan, Phlebologe und Proktologe in Hannover, selbst testen, wie hoch Euer Darmkrebsrisiko ist.
GesünderNet: Dr. Fink-Tornau, unsere Ernährung kann das Darmkrebsrisiko beeinflussen. Warum ist das so?

Dr. Susanne Fink-Tornau: Unser individuelles Darmkrebsrisiko hängt von verschiedenen Faktoren ab. Ein wichtiger Aspekt ist dabei sicherlich die Ernährung: Da unser Darm entscheidend zu unserer Immunabwehr beiträgt, ist es wichtig, ihn beweglich und aktiv zu halten. Viele fettreiche Lebensmittel in der täglichen Kost oder eine vitaminarme Ernährung können somit nicht nur Verdauungsprobleme hervorrufen, sondern auch die Abwehrkräfte des Darms einschränken. Schädliche Erreger oder Stoffwechselabbauprodukte, die Tumore fördern, verbleiben dann länger im Gewebe, statt schnellstmöglich ausgeschieden zu werden.

GesünderNet: Unter anderem heißt es, dass bestimmte Fleischarten den Krebs begünstigen. Stimmt das? Um welche Fleischarten handelt es sich und warum können sie schädlich sein?

Dr. Susanne Fink-Tornau: Ja, verschiedene Studien belegen, dass übermäßiger Konsum von roten Fleischsorten wie Schwein oder Rind das Darmkrebsrisiko erhöht. Gründe für den Zusammenhang sind krebserregende, also cancerogene Stoffe im Fleisch wie zum Beispiel Stickstoff-Nitroso-Verbindungen, die teilweise erst bei der Zubereitung oder im Körper entstehen. Deren cancerogene Effekte könnten darin bestehen, dass sie die Zellteilung ankurbeln oder auch Schäden durch freie Radikale fördern. Aber auch die im Dickdarm bei der Verdauung von Fleisch entstehenden Stoffwechselabbauprodukte gelten als potenziell krebserregend. Nicht zuletzt soll das in rotem Fleisch enthaltene Hämoglobin und Eisen das Risiko für einige Krebsformen erhöhen.

GesünderNet: Ist also der „Fleischfresser“ gegenüber einem Vegetarier oder gar einem Veganer besonders gefährdet?

Dr. Susanne Fink-Tornau: Nein, nicht unbedingt. Das Wichtigste ist, sich ausgewogen zu ernähren. Fleisch gehört nicht auf die Liste der verbotenen Lebensmittel, sollte jedoch in Maßen verzehrt werden. Viele Vegetarier und Veganer verzichten nicht nur auf Fleisch beziehungsweise tierische Produkte, sondern wählen auch darüber hinaus ihre Nahrung bewusster aus, schränken den Alkoholkonsum ein und sind Nichtraucher. Aufgrund dieser Tatsache leben sie in einigen Fällen tatsächlich gesünder als solche Fleischliebhaber, die sich keine Gedanken über ihre Ernährung und ihren Lebensstil machen.

GesünderNet: Wie müsste man sich denn ernähren, um das Darmkrebsrisiko möglichst gering zu halten?

Dr. Susanne Fink-Tornau: Zur Darmgesundheit tragen vor allem Ballaststoffe bei, die idealerweise mit Vollkornprodukten, Obst und Gemüse aufgenommen werden. Von diesen Stoffen existieren unterschiedliche Varianten, die durch verschiedene Effekte die Verdauung unterstützen. So sorgen sie für ein anhaltendes Sättigungsgefühl, binden auf ihrem Weg durch den Verdauungstrakt Wasser sowie Giftstoffe aus der Nahrung und unterstützen das Gleichgewicht der Darmflora. Fleisch sollte nur etwa zwei bis drei Mal in der Woche auf dem Speiseplan stehen. Dafür darf Fisch häufiger gegessen werden. Darüber hinaus fördert eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr eine gesunde Darmtätigkeit – Experten empfehlen zwischen 1,5 und 2 Liter täglich.

GesünderNet: Es kommt doch sicherlich nicht nur darauf an, was man isst, sondern auch auf das „Wie“ (Schlingen/gestresstes Essen/Binge-Eating/Bulimie …). Welche Einstellung brauche ich zum täglichen Essen, um meinen Magen-Darm-Trakt möglichst wenig zu belasten?

Dr. Susanne Fink-Tornau: Eine halbe Stunde sollte man sich für eine Hauptmahlzeit schon reservieren. Bis das Gehirn ein Satt-Signal erhält, dauert es ja ungefähr 20 Minuten. Wer sehr schnell isst, verdrückt erfahrungsgemäß mehr als ein intensiv schmeckender Genießer. Langsames Essen beugt auch Sodbrennen und Blähungen vor.

GesünderNet: Nun gibt es Menschen, die unglücklicherweise bereits an Darmkrebs erkrankt sind. Welche Ernährung spielt hier eine Rolle?

Dr. Susanne Fink-Tornau: Grundsätzlich gibt es keine einheitliche Krebsdiät. Essen ist und sollte Lebensqualität bleiben. Im Einzelfall entscheidend sind daher die individuellen Therapiebedingungen. Längerfristig sollte man sich dann aber an der vollwertigen Kost eines Gesunden orientieren. Das bedeutet, rotes Fleisch durch mehr weißes Fleisch zu ersetzen, pflanzliche Lebensmittel zu bevorzugen und zum Beispiel täglich drei bis fünf Portionen Obst und/oder Gemüse zu verzehren. Automatisch wird so dann auch die Fettzufuhr reduziert und die Zufuhr an darmgesunden Ballaststoffen erhöht.

GesünderNet: Welche drei wichtigen Tipps haben Sie für den Otto Normalverbraucher, um seinen Alltag möglichst darmfreundlich zu gestalten?

Dr. Susanne Fink-Tornau: Neben der Ernährung wirkt sich regelmäßige Bewegung positiv auf den Darm aus. Dabei hilft es übrigens schon, Aktivitäten wiederholt in den Alltag einzubauen, das heißt, zum Beispiel öfter mal Strecken zu Fuß oder mit dem Rad statt mit dem Auto zurückzulegen oder die Treppe statt des Aufzugs zu nutzen. Sowohl Ess- als auch Bewegungsverhalten nehmen zudem Einfluss auf die Körpermaße. Wer Übergewicht vermeidet oder abbaut, beugt Darmkrebs ebenfalls vor. Darüber hinaus rate ich dazu, Alkohol nur in Maßen zu genießen und komplett auf Rauchen zu verzichten

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Unsere Experten:

Dr. Susanne Fink-Tornau
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Ernährungsexpertin beim Reformwarenhersteller Natura


Dr. Dr. Stefan Hillejan von der Praxisklinik für Venen- und Enddarmerkrankungen in
Hannover
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Phlebologe und Proktologe