Durch Krankheit zu neuem Leben gefunden Michael Braunstorfer

Durch Krankheit zu neuem Leben gefunden

„Es ist schön zu leben, deswegen wollte ich nicht, dass es schon zu Ende ist.“ Monika Donner erlitt im Januar 2012 eine schwere Lungenentzündung, die sogar zu einem Atemstillstand führte. Doch sie hat gekämpft und ihre Fitness ist heute sogar besser als vor der Erkrankung.

„Ich wusste nicht, dass ich eine Lungenentzündung habe. Der Arzt hatte eine Kehlkopfentzündung diagnostiziert. Von der Lungenentzündung habe ich erst nach meinem Atemstillstand erfahren“, begründet die Österreicherin Monika Donner ihre schwere Erkrankung.

Als sie mit Freunden in einer gemütlichen Runde saß, klappte sie mit einem Mal auf dem Stuhl zusammen. Ein oder zwei Minuten, so schilderten es ihre Freunde später, habe sie wie tot gewirkt, mit einem dunkelroten Gesicht und verdrehten Augen. „Sie dachten, sie müssten mich gleich reanimieren.“ Für Donner selbst war es, als sei sie kurz eingenickt. Ihr nach eigenen Angaben wunderschönes Erlebnis verstand sie erst später als Nahtoderfahrung: „Das kann man nicht beschreiben. Es war wie in einer Wolke, ganz strahlend weiß. Es war warm und kühl gleichzeitig. Ich bin wie schwebend in eine Menge von Leuten hineingefallen, die mich sanft aufgefangen haben. Alle sahen gleich aus. Irgendwie aus gelben und orangem Licht mit der Andeutung eines Gesichts. Aber es war niemand, den ich kenne. Sie haben mich gehalten, gestreichelt und gesagt ich könne gleich hierbleiben. Dann bin ich wie durch einen Schleier wieder zu mir gekommen.“ Für Donner war dieses Erlebnis so real wie das Interview zu diesem Portrait.

Erfahrung als Bruch im Leben

Erst nach einigen Stunden, in denen die 40-Jährige zur Ruhe gekommen war, konnte sie sich wieder an ihre Nahtoderfahrung erinnern. Dieses Erlebnis war prägend, hat gar zu einem Umbruch in ihrem Leben geführt. „Früher habe ich so schnell wie möglich und so gut wie möglich meine Arbeiten erledigt. Heute geht Qualität mehr denn je vor Quantität. Wem das Tempo nicht passt, der muss sich halt an jemand anderen wenden“, sagt Donner ganz deutlich.

Wo sie vorher von einem Job zum nächsten gesprungen ist, gönnt sie sich heute mehr Pausen und Ruhe. „Ich bin Juristin, Lebensberaterin, Autorin. Da gibt es viel zu tun. Den größten Stress machte der juristische Hauptjob, weil ich mich wegen so mancher Sinnlosigkeiten nicht mehr mit ihm identifizieren konnte.“ Stress, dem sie heute auch eine Mitschuld an ihrer schweren Lungenentzündung gibt: „Ich habe weniger auf meine körperliche Befindlichkeit gehört. Es kann gut sein, dass ich deswegen das Signal meines Körpers nicht so wahrgenommen habe, wie es hätte sein sollen.“

Mittlerweile haben sich ein paar ihrer Aufgaben von selbst reduziert und den anderen räumt sie mehr Zeit ein. „Eigentlich hatte ich schon Ende 2011 die Weichen in Richtung weniger Belastung gestellt. Gleichzeitig habe ich mir in den Nebenberufen weitere kreative Nischen gesucht. Ich bin wirklich froh, dass mir dieser körperliche Hinweis gegeben wurde. Im Nachhinein finde ich das ganz gut“, zieht Donner die Lehren aus ihrer Erkrankung.

Lebensaufgabe bereits abgeschlossen

2010 hat die Juristin vor dem österreichischen Gericht den Operationszwang für Transsexuelle abgeschafft. Das bedeutet, dass Personen zwar gesetzlich ihr Geschlecht ändern lassen können, aber dafür keine Operation mehr durchführen lassen müssen. Diese Gesetzesänderung war der selbst betroffenen Donner sehr wichtig. Umso mehr freut es sie, dass Deutschland nachgezogen hat und auch die Schweiz das Gesetz lockerte.

Im Anschluss an ihren Erfolg hat sie darüber und allgemein über ihre Lebensgeschichte ein Buch verfasst. „Ich wusste, als ich beides fertiggestellt hatte, dass ich etwas ganz Wichtiges in meinem Leben abgeschlossen habe. Falls der Mensch überhaupt so etwas wie Lebensaufgaben hat, so war das meine. Eigentlich war ich also mit meinem Leben fertig.“ Das klingt hart und ein bisschen so als sei sie des Lebens überdrüssig. Doch dem ist absolut nicht so. Viel mehr hat sie sich während ihrer Krankheit bewusst für das Leben entschieden. Nicht, weil es noch etwas zu tun gibt, sondern weil sie das Leben wieder genießt.

Gegen die Krankheit angekämpft

Anstatt mit der Krankheit zu hadern, hat sie sie als natürlichen Teil des Lebens und sogar als Chance angesehen. Dennoch wollte sie natürlich wieder gesund werden: „Ich habe mich informiert und Berge waren mir lieber als Meer, deswegen habe ich mich für den Heilstollen in Oberzeiring in der Steiermark entschieden. Ich habe alles angenommen, was man mir geboten hat“, erklärt Donner ihre mehrwöchige Kur in den Bergen. Anstrengung und Entspannung hat sie sich dort gegönnt, vormittags der Aufenthalt im Heilstollen und andere Anwendungen, nachmittags tägliche mehrstündige Wanderungen in den Bergen. Abends gab es dann noch Tauchen sowie ausgiebige Dampfbad- und Saunagänge.

„Ich habe mir meine beiden Lungenflügel vorgestellt und wo ungefähr der Schleim sitzt, den ich abhusten muss. Beim Bergwandern habe ich dann ganz bewusst abgehustet. Schon nach zwei Wochen war der gelbe Schleim weg, ich habe kein Kortison und keine Antibiotika mehr gebraucht. Der bewusste Kampf war also erfolgreich“, beschreibt Donner ihren Therapieerfolg.

Weitere Pläne von Erlebnis beeinflusst

„Es war eine gewisse Dankbarkeit dabei“, sagt Monika Donner über ihre erste Bergbesteigung auf 1900 Meter noch während der Kur. „Dankbarkeit, dass ich die schöne Natur und alles noch erleben darf. Ich war plötzlich wieder voll im Hier und Jetzt.“

Die starke Österreicherin sagt von sich, dass sie keine Angst vor dem Tod hat und auch noch nie hatte. Seit ihrer Nahtoderfahrung gilt dies umso stärker. Sie hat erlebt, wie es sein kann und dass sie keine Angst zu haben braucht. Vielleicht ist sie auch genau aus diesem Grund ins Leben zurückgekehrt. Sie kann nun aus eigener Erfahrung berichten, sie kann quasi als Botschafterin agieren. Das habe sie nicht unmittelbar nach dem Erlebnis festgestellt, sondern erst in Gesprächen mit anderen über dieses Thema und ihre Erfahrung. „So konkret hatte ich das nicht durchdacht, erst auf Nachfrage konnte ich das mit Überzeugung bejahen“, verdeutlicht sie ihre Gedanken.

An ihrem neuen Buch schreibt sie, wenn sie die Muse küsst. „Da gibt es keinen Leistungsdruck mehr“, registriert Donner ihre Veränderung seit der Lungenentzündung. Das Buch wird sicherlich auch geprägt sein, von ihren Erfahrungen. Wie diese sich allerdings ausdrücken, steht noch nicht fest. „Das zweite Buch wird nach wie vor rotzfrech sein, aber der positive Effekt ist, dass ich die Themen mit meinen eigenen Erfahrungen besser schildern kann.“

„Ich hinterfrage heute fast nichts mehr. Seit dem 27. Januar, der jetzt mein zweiter Geburtstag ist, nehme ich alles ein wenig lockerer. Es ist einfach wie es ist.“