Lungenembolie - die gefürchtete Komplikation einer Thrombose der Beinvenen thinkstockphotos.com

Lungenembolie - die gefürchtete Komplikation einer Thrombose der Beinvenen

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Bei einer venösen Thromboembolie gerinnt das Blut in den Venen. Zwei wichtige Krankheitsbilder können auftreten, wenn das Blut in den Venen stockt: zum einen eine tiefe Venenthrombose und zum anderen als Komplikation eine Lungenembolie infolge einer tiefen Beinvenenthrombose.

Wie kommt es zu einer Thrombose und einer Lungenembolie?

Eine Thromboembolie der Lungen (Lungenembolie) entsteht also durch die Verschleppung von Thromben aus den Venen in die Lungenschlagader. Große Blutgerinnsel können den Stamm oder die Hauptäste der Lungenschlagader ganz oder teilweise verstopfen. Mittelgroße und kleinere Embolien sind meist multipel auf die Äste der Lungenarterie verteilt. Oft treten die Embolien in Schüben auf und sind daher unterschiedlichen Alters.

Die Gerinnsel entstammen zumeist den Becken-Beinvenen, mitunter auch anderen Körperregionen. Selten sind primär im rechten Herzen entstandene Gerinnsel die Quelle. Die Ablösung der Thromben aus den Becken- oder Beinvenen wird durch eine akute Druckerhöhung im Venensystem begünstigt, beispielsweise beim Pressen zum Stuhlgang, beim Husten, beim ersten Aufstehen nach längerer Bettruhe oder bei nicht angebrachter Massage eines von Thrombose befallenen Beins. Oft liegt aber auch keine ersichtliche auslösende Ursache vor.

Eine sogenannte paradoxe Embolie entsteht, wenn ein Embolus durch eine angeborene Öffnung in der Scheidewand der Herzvorhöfe, die bei knapp 30 Prozent aller Menschen vorliegt, in das linke Herz und in den großen Kreislauf gelangt und Schlagadern des Gehirns, der Nieren, Arme, Beine, Milz, des Darms und anderer Organe verstopft. Gelegentlich kann ein Embolus in den rechten Herzhöhlen verweilen und dort Störungen verursachen oder in einem offenen Foramen ovale stecken bleiben.

Folgen einer Embolie

Die in die Lunge weggespülten (embolisierten) Thromben unterbrechen die Durchblutung der Schlagadern ganz oder teilweise und behindern damit die Sauerstoffaufnahme in dem entsprechenden Lungengebiet. Der Druck in den noch offenen Lungenschlagadern steigt an und belastet das rechte Herz. Bei einer Verstopfung größerer Teile der Lungenschlagadern gelangt zu wenig Blut durch die Lungen ins linke Herz, so dass der Blutdruck im großen Kreislauf sinkt. Eine Erweiterung nicht verlegter Lungenarterien und eine verstärkte Beatmung nicht betroffener Lungenabschnitte können diese Folgen bis zu einem gewissen Grade ausgleichen. Bei vor bestehenden Erkrankungen des Herzens oder der Lungen sind diese Mechanismen zum Ausgleich nicht oder nur unzureichend möglich, so dass auch kleinere Lungenembolien zum Tode führen können.

Im weiteren Verlauf wird die Embolie vom Körper selbst durch eine spontane Aktivierung der Gerinnsel auflösenden Vorgänge – meist allmählich – aufgelöst, so dass später kaum noch Reste zu finden sind. Nur selten entwickelt sich bei bleibenden Gefäßverstopfungen eine dauerhafte Belastung des Herzens. Dabei ist zu berücksichtigen, dass das rechte Herz einer Druckbelastung weniger gut gewachsen ist als das linke Herz.

Wenn der Sauerstoff im embolisierten Lungengewebe nicht mehr zur Aufrechterhaltung des Gewebestoffwechsels ausreicht, entsteht ein Lungeninfarkt. Daraus kann durch Hinzutreten von Bakterien eine Entzündung werden, unter Umständen mit Abszessbildung und Vernarbung. Bleibt eine „harmlose“ Signalembolie unerkannt oder unbehandelt, ist in etwa 1/3 der Fälle mit Rezidiven zu rechnen, die eine gefährliche Situation heraufbeschwören können.

Wann ist die Thrombosegefahr erhöht?

Ein besonders hohes Risiko haben Menschen, die bereits früher einmal eine Thrombose hatten. Außerdem ist die Thrombosegefahr erhöht bei Rauchern, Schwangeren, Tumorpatienten, bei Menschen mit ausgeprägten Krampfadern und kranken Venenklappen, sowie bei Frauen, die die Anti-Baby-Pille nehmen. Eine erhöhte Gerinnungsneigung kann aber auch erblich bedingt sein. Solche genetischen Belastungen können durch spezielle Bluttests erkannt werden. Die Dauer einer Thromboseprophylaxe richtet sich nach dem individuellen Risiko. In der Regel sollte sie für 2-4 Wochen durchgeführt werden. Da jede Verletzung die Blutgerinnung aktiviert, erhöhen auch Operationen das Thromboserisiko. Aus diesem Grund verordnen Ärzte nach dem Eingriff Heparinspritzen und Thrombosestrümpfe.

Langstreckenflüge als zusätzliches Risiko

Eine besondere Gefahr für Risikopatienten bedeuten Langstreckenflüge, auf denen sie still sitzen müssen. Geeignete Vorsichtsmaßnahmen sind auch hier Heparinspritzen, neue Thrombose-Gerinnung-Hemmer in Tablettenform und gut passende Kompressionsstrümpfe, die den Blutfluss in den Beinen durch Zusammendrücken der Venen beschleunigen. Außerdem sollten Flugreisende viel trinken, um das Blut flüssig zu halten. Empfohlen werden pro Flugstunde etwa 250 ml alkoholfreie Getränke. Und sie sollten sich so oft wie möglich bewegen und zum Beispiel im Sitzen die Füße heben und senken. Damit wird die Muskelpumpe aktiviert, die Thrombosegefahr sinkt.

Symptome der Lungenembolie

Die durch eine Lungenembolie ausgelösten Beschwerden sind sehr unterschiedlich und hängen in erster Linie von der Größe der Embolie ab. Kleine Lungenembolien verursachen bei sonst Gesunden keine Beschwerden, sie verlaufen asymptomatisch. Größere Lungenembolien führen zu Atemnot, Herzklopfen, vorübergehende Bewusstlosigkeit, Schwindel, Schmerzen in der Brust, meist mit Angstgefühlen verbunden. Diese Symptome können isoliert oder in Kombination auftreten. Infolge der einsetzenden Kompensationsvorgänge bestehen sie oft nur vorübergehend und werden daher von Patient und Arzt nicht immer ernst genommen. Massive Lungenembolien sind lebensbedrohlich. Sie rufen die obengenannten Symptome in stärkerer Ausprägung und lang anhaltend hervor. Schwerste Lungenembolien führen blitzartig zum Tod durch Kreislaufstillstand infolge akuten Herzversagens bzw. durch Sauerstoffmangel des Gehirns.

Wenn bei einer akuten Lungenembolie nur ein kleines Blutgefäß in der Lunge verschlossen ist, dann hat der Patient nur leichte Beschwerden. Verschlüsse von größeren Lungengefäßen können dagegen lebensbedrohlich sein.

Der wichtigste Schritt zur Diagnose einer Lungenembolie ist das daran Denken. Das sollte erfolgen, wenn eines oder mehrere der folgenden Symptome auftreten, ohne dass dafür andere Erklärungen auf der Hand liegen:

• Plötzliche Atemnot oder Kurzatmigkeit - Zwang zu häufigerer Atmung
• Plötzlicher Blutdruckabfall - bis hin zum Schock
• Plötzlich stark beschleunigter Herzschlag
• Plötzlicher Brustschmerz - Beklemmung oder atemabhängiger Schmerz
• Schwindel mit Ohnmacht/kurzdauernde Bewusstlosigkeit
• Lungenentzündung bei Bettlägerigen

Untersuchungen bei Lungenembolie

Die unmittelbare Untersuchung, das heißt das Abklopfen und Abhören der Brustorgane, bringt zwar keine sichere Entscheidung über das Vorliegen einer Lungenembolie, ist aber angebracht, um andere Ursachen der Beschwerden nicht zu übersehen. Gleiches gilt für die Inspektion der Beine. Auch wenn mit diesen Methoden keine Venenthrombose nachzuweisen ist, kann eine Lungenembolie vorliegen. War der gesamte Thrombus aus der Vene in die Lungen embolisiert, kann er in den Venen nicht mehr gefunden werden. Auch kann ja die Lungenembolie aus anderen Venen gekommen sein.

Das Elektrokardiogramm (EKG) und eine Röntgenaufnahme der Brustorgane können zwar Hinweise liefern, sind aber selbst bei massiver Lungenembolie oft normal. Von den Laboruntersuchungen kann die Blutgasanalyse hilfreich sein. Bei erniedrigtem Blutsauerstoff gibt eine gleichzeitig verminderte Kohlensäure einen wertvollen Fingerzeig. Wichtig ist die Untersuchung der D-Dimere. Sind diese im normalen Bereich kann eine frische Thromboembolie mit weitestgehender Sicherheit ausgeschlossen werden; erhöhte Werte beweisen eine Lungenembolie allerdings nicht.

Mit der Ultraschalluntersuchung des Herzens kann erkannt werden, ob eine Belastung des rechten Herzens durch eine Lungenembolie vorliegt, die eine rasche Entlastung notwendig macht. Mitunter können dabei größere Embolien im Stamm oder in den großen Ästen der Lungenschlagader gesehen werden.

Zum sicheren direkten Nachweis beziehungsweise Ausschluss einer Lungenembolie sind vor allem die Computertomographie der Lungen geeignet.

Wie wird eine Lungenembolie behandelt?

Eine ursächliche Therapie der akuten Lungenembolie muss zum Ziel haben, die Lungenstrombahn von verstopfenden Gerinnseln zu befreien. Eine Lungenembolie ist ein akuter Notfall. Vielfach brauchen die betroffenen Patienten Sauerstoff und auch Schmerzmittel. Da sich nach einer Lungenembolie häufig eine Lungenentzündung entwickelt sind vielfach antibiotische Behandlungen erforderlich.

Im Anschluss an die Akutbehandlung erfolgt immer eine langfristige Vorbeugung weiterer Blutgerinnsel mit einer Gerinnungshemmer-Dauertherapie. Nur in ganz seltenen Fällen bei einer schwersten Lungenembolie muss eine operative Entfernung des Gerinnsels in aller Regel von einem Herzchirurgen durchgeführt werden.

Als Gerinnungshemmer wurden früher vorwiegend Heparinpräparate und Medikamente wie Phenprocoumon/Marcumar/Warfarin verwendet. Heute stehen neue Gerinnungshemmer zur Verfügung, die einfacher zu dosieren sind wie die alten Präparate und die auch als Nebenwirkung weniger Blutungen aufweisen. Die Mehrzahl der betroffenen Thromboembolie Patienten wird inzwischen mit direkten oralen Gerinnungshemmern behandelt, die in internationalen Leitlinien bereits als Mittel der ersten Wahl propagiert werden.

Zum Autor

Prof. Dr. med. Curt Diehm zählt zu den führenden Medizinern im Südwesten Deutschlands, er ist Autor zahlreicher Fach- und Patientenbücher und langjähriger Präsident der Deutschen Gesellschaft für Gefäßmedizin. Seit Mitte 2014 leitet er als Ärztlicher Direktor die renommierte Max Grundig Klinik in Bühl. Alle Beiträge dieser Serie zum Nachlesen unter www.max-grundig-klinik.de.

Hier finden Sie alle Beiträge der Serie Gesund mit Diehm