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Herzinfarkt - Kardinal-Tugenden können Risiko senken

Prof. Dr. med. Curt Diehm gibt in seinem heutigen Gastbeitrag einen Kurzüberblick über Risikofaktoren für Herzinfarkte. Und gibt Tipps, was man tun kann, um einen Herzinfarkt zu vermeiden.
Über die Ursachen eines Herzinfarktes und wie am besten vorzubeugen ist, gibt es eine Vielzahl von Mythen. Ein Stereotyp lautet: Herzinfarkt sei eine Managererkrankung. Diese Aussage ist völlig falsch. Der medizinische Soziologe Prof. Dr. Johannes Siegrist hat anhand des Gesundheitszustandes von 4.800 Probanden festgestellt, dass die Infarktwahrscheinlichkeit für Arbeiter deutlich gestiegen ist. Gerade Menschen in bildungs- und einkommensschwächeren Gruppen sind häufiger von Herzinfarkten betroffen als Manager und andere gut verdienende Berufsgruppen. Anstrengende Arbeit mit geringer Kontrolle über die eigene Tätigkeit sowie hohe berufliche Verausgabung ohne entsprechende Belohnung durch Geld, Anerkennung oder Aufstiegschancen verdoppeln das Risiko für einen Herzinfarkt.

Führungskräfte hingegen haben insbesondere in den vergangenen zehn Jahren viel dazu gelernt und leben heute deutlich gesünder. Neben dem sozialen Status gibt es auch weitere valide, teils überraschende Risiken für Herzinfarkt. So tritt er häufiger bei Männern auf. Das Risiko, einen Herzinfarkt zu bekommen, liegt bei Frauen im Alter von 40 bis 79 Jahren bei 2,5 Prozent, bei Männern gleichen Alters mehr als doppelt so hoch, nämlich bei 7 Prozent.

Fußballspiele verdoppeln Herzinfarkt-Risiko

Ärzte des Universitätsklinikums München-Großhadern haben schon vor längerer Zeit berichtet, dass nervenaufreibende Fußballspiele das Risiko für Herzanfälle in der Bevölkerung auf mehr als das Doppelte erhöhen. Die Münchner Studiengruppe hatte die Einsatzprotokolle von 24 Notarztstandorten während der Fußball-Weltmeisterschaft 2006 ausgewertet. Bei Männern steigt das Risiko während eines Fußballspiels demnach auf das 3,26 fache, bei Frauen um das 1,82 fache. Die meisten Notfälle ereignen sich in den ersten zwei Stunden nach Beginn des Spiels, berichten die Herzspezialisten. Auch US-amerikanische Untersuchungen bestätigen, dass Sportereignisse das Herzinfarktrisiko erhöhen.

Paradox: Dicke Herzkranke leben länger

Einerseits ist Übergewicht ein wichtiger Herz-Kreislauf-Risikofaktor, anderseits belegen Studien, dass bei chronisch Kranken mit koronaren Herzerkrankungen und bei Herzleistungsschwäche Übergewicht mit einer geringeren Sterblichkeit verbunden ist als bei Normalgewichtigen. Dieses eigentlich nicht erklärbare Phänomen bezeichnen Epidemiologen als Adipositas-Paradox. Entsprechende Studien zeigen, dass erst ab einem Body-Mass-Index von 32 kg/m2 die Sterblichkeit wieder zunimmt.

Rheuma verdoppelt das Herz-Kreislauf-Risiko

Patienten mit rheumatoider Arthritis (RA) haben ein deutlich höheres Risiko für Herz-Kreislaufkomplikationen. Das Risiko, innerhalb von 10 Jahren eine Herz-Kreislauferkrankung zu bekommen, ist demnach bei Patienten mit rheumatoider Arthritis 10 Prozent höher als bei Gleichaltrigen. Wichtige Konsequenz: Rheumapatienten profitieren daher besonders von Maßnahmen, die das Herzkreislaufrisiko grundsätzlich mindern (siehe unten). Es ist deshalb ganz wichtig, dass man bei Rheumatikern den Blutfettstatus kennt und dass alle Risikofaktoren gut im Griff sind.

Dick und traurig – schlecht fürs Herz

Die Kombination aus Übergewicht und depressiver Stimmungslage stellt ein gefährliches Duo dar. Sie erhöht das relative Herz-Kreislauf-Risiko um 80 Prozent. Dies ist ein Ergebnis der sogenannten MONICA-Kora-Studie.

Auch bei allein lebenden Menschen ist das Risiko für eine schwere Herzerkrankung um das Doppelte erhöht. Dies zeigte eine Untersuchung in Dänemark. Von insgesamt mehr als 138.000 untersuchten Erwachsenen im Alter zwischen 30 und 69 Jahren erkrankten in den Jahren 2000 bis 2002 genau 646 Menschen an schwerer Angina pectoris (Brustenge), erlitten einen Herzinfarkt oder verstarben am plötzlichen Herztod. Die Gefährdung der Menschen wurde am stärksten davon beeinflusst, wie alt sie waren und ob sie alleine lebten. Am geringsten war die Gefährdung bei Menschen, die mit ihrem Partner lebten.

Dieselabgase fördern Herzinfarkte, Feinstaub versteift die Arterien

Feinste Nanopartikel, zum Beispiel aus Dieselabgasen, schlagen nicht nur auf die Lunge, sondern erhöhen auch das Herz-Kreislauf-Risiko. Nanopartikel sind mit einem Durchmesser von unter 100 nm so klein, dass sie über Haut, Darm und Atemwege in den Körper gelangen. Dort erhöhen sie ganz ausgeprägt das Arterioskleroserisiko. In experimentellen Untersuchungen bei 15 nichtrauchenden Probanden führte bereits eine 1-stündige Dieselgas-Exposition zu einer Funktionsstörung der Blutgefäße. Auch die Blutplättchen werden aktiviert und neigen dazu, sich zusammen zu ballen. Dies ist ein Initialvorgang bei einer Gerinnselentstehung. Zudem führen die ultrafeinen Partikel zu einem so genannten oxidativen Stress. All diese Mechanismen fördern dadurch die Arteriosklerose-Entstehung.

Schuppenflechte: Das Herz ist oft mit erkrankt

Patienten mit einer Schuppenflechte (Psoriasis) sollten besonders auf ihr Herz-Kreislauf-System achten. Forscher in Israel stellten in einer großen retrospektiven Studie fest, dass Psoriasis-Patienten sehr viel häufiger unter atherosklerotischen Erkrankungen und Zuckerkrankheit leiden als hautgesunde Probanden. Je schwerer der Hautbefall, desto größer das Risiko von Herz-Kreislauf-Komplikationen. Vor allem für Jüngere ist das Risiko deutlich erhöht. Ursächlich ist die Entzündungsreaktion dafür verantwortlich.

Was hilft gegen Herzinfarkt?

Die Antwort ist einfach: Koronaren Ereignissen kann effektiv mit einem gesunden Lebensstil vorgebeugt werden: Bei Männern im Alter zwischen 45 und 70 Jahren lassen sich rund 60 Prozent der Herzinfarkte vermeiden, wenn sie die folgenden fünf Verhaltensweisen befolgen würden.

1. Nichtrauchen
2. Täglicher Sport
3. Gesunde Ernährung
4. Maßvoller Alkoholgenuss
5. Ein vernünftiges Körpergewicht

Dies ist das Ergebnis der Health-Professionals-Follow-Up-Studie, in der fast 43.000 Probanden untersucht wurden. Zusätzlich hilft auch eine gute Schlafqualität, Herzinfarkten vorzubeugen.

Ganz besonders ist das Joggen zu empfehlen. Eine Stunde pro Woche senkt das Risiko für eine Herzerkrankung um 40 Prozent. Weitere günstige Sportarten sind Radfahren, Steppen, Walken und Schwimmen. Aber auch Anstrengungen im Alltag wie Gartenarbeit, Fensterputzen oder Treppen steigen sind sehr günstig. Dieses Investment lohnt sich, ist ein Herzleiden in Deutschland doch die Todesursache Nummer eins.

Der Autor

Prof. Dr. med. Curt Diehm zählt zu den führenden Medizinern im Südwesten Deutschlands, er ist Autor zahlreicher Fach- und Patientenbücher und langjähriger Präsident der Deutschen Gesellschaft für Gefäßmedizin. Seit Mitte 2014 leitet er als Ärztlicher Direktor die renommierte Max Grundig Klinik in Bühl. Alle Beiträge dieser Serie zum Nachlesen unter www.max-grundig-klinik.de.

Hier finden Sie alle Beiträge der Serie Gesund mit Diehm

 

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