Gehirn nimmt Schmerz unterschiedlich wahr Laura Tiemann/TUM
  • 23. März 2015
  • Redaktion

Gehirn nimmt Schmerz unterschiedlich wahr

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Im Rahmen eines Experimentes fanden Forscher der Technischen Universität München (TUM) heraus, dass langandauernder Schmerz im Gehirn anders verarbeitet wird als kurzer.
Schmerz ist ein Schutzmechanismus des Körpers und zugleich ein komplexes neurologisches Phänomen, das von zahlreichen Faktoren beeinflusst wird. Die Psyche manipuliert das subjektive Schmerzempfinden – so lautet das Ergebnis eines Experimentes an der TUM.

Das Experiment

Die 41 Probanden trugen während des Experiments eine Kappe mit 64 Elektroden, die während des Versuches die Nervenzellaktivität des Gehirns gemessen haben. Auf diese Weise war es den Wissenschaftlern möglich, eine zeitlich genaue Darstellung zu erhalten, wann und mit welchen Signalen Nervenzellen auf einen Schmerzreiz antworten.

Die Probanden erhielten über zehn Minuten Hitzereize auf die Hand deren Intensität variierte. Währenddessen sollten sie den Schmerz auf einer Skala von eins bis hundert bewerten. „Das Ergebnis hat uns selbst sehr verblüfft: Schon über wenige Minuten veränderte sich die subjektive Schmerzwahrnehmung der Teilnehmer – sie spürten zum Beispiel Änderungen des Schmerzes, wenn der objektive Reiz unverändert blieb. Die Empfindung von Schmerz löste sich somit bereits über wenige Minuten vom objektiven Reiz“, beschreibt Neurologe Markus Ploner von der TUM die Ergebnisse.

Bisherige Studien zeigten, dass kurze Schmerzreize eher von sensorischen Hirnbereichen wahrgenommen werden. Bei den Experimenten mit langandauernden Schmerzen präsentierte sich den Wissenschaftlern ein anderes Bild: Hier waren auch emotionale Hirnbereiche aktiv. „Dauert ein Schmerz über einen längeren Zeitraum an, so wandelt er sich offensichtlich von einem reinen Wahrnehmungsprozess zu einem mehr emotionalen Prozess. Diese Erkenntnis ist hochinteressant für die Diagnose und Therapie von chronischen Schmerzen. Wenn Schmerz so viele Einflussfaktoren hat, kann er auch auf vielfältige Weise beeinflusst werden“, so Ploner.

Placebo hat Einfluss auf die Schmerzwahrnehmung

In einem weiteren Versuch zeigten die Wissenschaftler, dass Placebos einen lindernden Effekt auf das Schmerzempfinden ausüben. Die Probanden erhielten zunächst unterschiedlich starke Laserimpulse auf zwei Bereiche auf dem Handrücken. Im zweiten Durchgang bekamen sie dieselben Reize zugefügt – mit dem Unterschied, dass beide Bereiche auf dem Handrücken mit zwei Cremes eingecremt wurden von der eine angeblich eine schmerzlindernde Wirkung hatte. Beide Cremes waren jedoch wirkstofffrei. Die Probanden stuften die Schmerzen auf dem Areal mit der angeblich schmerzlindernden Salbe jedoch wesentlich schwächer ein.

Das Ergebnis könnte erklären, warum chronische Schmerzpatienten auf starke Medikamente nicht anspringen. Ploner: „Sie haben die negative Erwartung: Bei mir hilft nichts - so erleben sie es dann." Kurz gesagt: Die Psyche beeinflusst das Behandlungsergebnis.

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