Gicht – Ein Volksleiden, das geheilt werden kann gettyimages
  • 10. Dezember 2019
  • Prof. Dr. Curt Diehm
Gesund mit Diehm

Gicht – Ein Volksleiden, das geheilt werden kann

Rate this item
(0 votes)
Immer mehr Menschen leiden an Gicht. Inzwischen sind in Deutschland bereits fast drei Prozent aller Männer und 0,5 Prozent der Frauen zwischen 30 und 59 Jahren betroffen. Was sind die Ursachen und was kann man dagegen tun? Informationen rund um den menschlichen Körper und die Gesundheit – erklärt von Prof. Dr. Curt Diehm.
Die gute Nachricht gleich zu Beginn: Gicht ist eine der wenigen rheumatischen Erkrankungen, die geheilt werden kann. Die Stoffwechselstörung, die vor allem schmerzhafte Entzündungen in den Gelenken verursacht, wird durch zu viel Harnsäure im Blut verursacht. Oft reicht bereits eine konsequente Ernährungsumstellung zur Senkung des Harnsäurespiegels. Bei akuten Anfällen gibt es wirkungsvolle Medikamente zur Schmerzlinderung.

Wie Gicht entsteht

Gicht gilt als Wohlstandskrankheit und ist in Industrienationen deutlich weiter verbreitet als in ärmeren Ländern. Wie auch bei vielen anderen Zivilisationskrankheiten gehören Übergewicht, eine zu fleischreiche Ernährung, zu viel Fruchtzucker, übermäßiger Alkoholkonsum und Bewegungsmangel zu den Faktoren, die Gicht begünstigen.

Dann ist der Harnsäurespiegel im Blut zu hoch und es bilden sich kleine Kristalle, die sich in den Gelenken ablagern. Im schlimmsten Fall führen diese Harnsäurekristalle in den Gelenken dann zu Schmerzen, Rötungen und Schwellungen und damit zu einem akuten Gichtanfall. Sehr häufig ist dabei übrigens der große Zeh betroffen.

Welche Therapien es gibt

Dann gilt es zuerst einmal, die akuten Schmerzen und Beschwerden zu lindern. Die Behandlung reicht dabei von entzündungshemmenden Schmerzmitteln bis hin zu Kortison-Präparaten. Auch kühlende Umschläge können helfen.

Anschließend sollte man sich aber auch immer umgehend auf die Suche nach den Ursachen für den Gichtanfall machen. Zwar gibt es Medikamente, mit denen der Harnsäurespiegel im Blut dauerhaft gesenkt werden kann. Allerdings – so hat eine Auswertung aller weltweit existierenden Studien zu dem Thema ergeben – existieren bis heute nur wenige aussagekräftige und vor allem wissenschaftliche Untersuchungen zu den vorhandenen Therapieoptionen. Die im Deutschen Ärzteblatt veröffentlichte Recherche kommt zu dem Resultat, dass Ärzte ihren Patienten vor dem Verschreiben von Medikamenten unbedingt empfehlen sollten, zunächst über Lebensstiländerungen ihren Harnsäurespiegel zu reduzieren. Darüber hinaus warnen die Autoren der Recherche sogar ausdrücklich vor den möglichen Nebenwirkungen von Gicht-Medikamenten und den noch nicht erforschten Auswirkungen eines dauerhaft medikamentös gesenkten Harnsäurespiegels auf das zentrale Nervensystem und die Nierenfunktion.

Leben und ernähren Sie sich gesund

Sollten Sie also zu den Risikopatienten gehören oder bereits einen oder mehrere schmerzhafte Gichtanfälle hinter sich haben, ernähren Sie sich bitte ausgewogen, kalorienarm und gesund. Vermeiden Sie zu viel Wurst, Fleisch und vor allem Innereien. Trinken Sie ausreichend Wasser oder ungesüßte Tees und verzichten Sie auf Alkohol. Und bewegen Sie sich regelmäßig. Allein die Bewegung reduziert schon den Harnsäurespiegel und hilft Ihnen außerdem, eventuelles Übergewicht zu verlieren.

Und sprechen Sie bitte unbedingt mit Ihrem Arzt darüber, denn in manchen Fällen kann der erhöhte Harnsäurespiegel auch durch eine ernsthafte Erkrankung verursacht worden sein. Neben Leukämie können Blutarmut und manche Tumorerkrankungen eine erhöhte Harnsäureproduktion bewirken. Zudem kann sie auf eine Nierenerkrankung sowie auf Diabetes hinweisen.

Abschließend möchte ich in diesem Zusammenhang noch auf eine aktuelle Studie hinweisen, die mit einem weit verbreiteten Vorurteil aufräumt. Britische Forscher der Keele University haben nämlich wissenschaftlich nachgewiesen, dass Gicht das Risiko für Knochenbrüche nicht erhöht. Das ist doch eine gute Nachricht.

Zur Person

Prof. Dr. med. Curt Diehm zählt zu den führenden Medizinern im Südwesten Deutschlands, er ist Autor zahlreicher Fach- und Patientenbücher und langjähriger Präsident der Deutschen Gesellschaft für Gefäßmedizin. Seit Mitte 2014 leitet er als Ärztlicher Direktor die renommierte Max Grundig Klinik in Bühl. Alle Beiträge dieser Serie zum Nachlesen unter www.max-grundig-klinik.de.