Risiko auf der Straße: Was ist das Schlafapnoe-Syndrom? pixerlio.de/Olaf Schneider
  • 01. August 2011
  • Pressebüro Gebhardt-Seele i.A. von FLO Medizintechnik GmbH

Risiko auf der Straße: Was ist das Schlafapnoe-Syndrom?

Jedem regelmäßigen Autofahrer ist es schon einmal passiert, dass ihm während des Fahrens die Augen zugefallen sind. Das dies der Grund für viele tödliche Unfälle sein kann, ist allgemein bekannt. Unbekannt dagegen ist, dass nächtliche Atemstörungen bei vielen Menschen eine chronische Müdigkeit herbeiführen können, die besonders während längeren Autofahrten zu einer reellen Gefahr für Leben und Gesundheit werden kann. Wissenschaftler sprechen dabei vom Schlafapnoe-Syndrom.

Experten gehen davon aus, dass ein Viertel aller Verkehrsunfälle auf Übermüdung zurückzuführen sind. Damit übertrifft das kurze Einnicken als Unfallursache sogar Alkohol am Steuer. Bei Müdigkeit durch einmaligen Schlafmangel können auch laute Musik und offene Fenster zumindest kurzzeitig wieder fit machen. Bei Schlafapnoe helfen diese Methoden jedoch nicht mehr, der Schlafmangel ist hier schon chronisch. Obwohl die Krankheit weit verbreitet ist, wird sie oft nicht erkannt und leichtfertig nur als störendes Schnarchen abgetan. Die Alarmsignale sind allerdings eindeutig: Unruhiger, nicht erholsamer Schlaf mit lautem Schnarchen und längeren Atemstillständen sowie Konzentrationsschwierigkeiten, Vergesslichkeit und Müdigkeitsanfälle am Tag. Wer diese Symptome nicht behandeln lässt, dem droht bei einem Unfall der Entzug der Fahrerlaubnis und der Verlust des Kasko-Versicherungsschutzes.

Erfahrungsbericht

Ist man mit 100 km/h unterwegs und schließt lediglich für eine Sekunde die Augen, legt man fast 28 Meter blind zurück. Diese einfache Rechnung zeigt, wie fatal es ist, wenn man beim Autofahren auch nur für einen Moment einnickt. Dabei ist die Gefahr umso größer, je höher die Geschwindigkeit ist. Gerade noch einmal Glück hatte der Ingenieur Dr. Gerhard Ernst, als er eines Abends nach anstrengenden Beratungen auf der Autobahn mit hohem Tempo nach Hause fuhr. „Schon seit einiger Zeit hatte ich bemerkt, dass ich sowohl tagsüber als auch abends ungewöhnlich schnell müde wurde“, berichtet er. „Deshalb habe ich bei Nachtfahrten mit meinem PKW öfter eine Kurzschlafpause auf dem Parkplatz eingelegt, um danach wieder konzentriert weiterfahren zu können.“ Ohne es zu merken, hatte er bei einer solchen Pause in die Heckklappe seines Autos einen Zweig einklemmt. Wieder auf der Autobahn, überholte er einen LKW mit hoher Geschwindigkeit und schreckte von einem dröhnenden Geräusch auf – der Zweig streifte am Lastwagen. „Ich war während des Überholmanövers in Sekundenschlaf verfallen“, erinnert sich Ernst noch mit Schrecken. „Schlagartig war ich wieder wach und konnte zum Glück noch reagieren. Mein Leben verdanke ich diesem kleinen Ast!“

Folgen des Schlafapnoe-Sydroms

Obwohl der Ingenieur davon überzeugt war, dass seine Müdigkeitsanfälle von überanstrengender Arbeit herrührten, gab ihm der Vorfall zu denken. Untersuchungen im Schlaflabor ergaben dann, dass er am sogenannten Obstruktiven Schlafapnoe-Syndrom (OSAS) litt. Die auffälligste Symptomatik dieser ernstzunehmenden Krankheit – Schwierigkeiten beim Atmen im Schlaf bis hin zu längeren Aussetzern – wird dabei häufig mit harmlosem Schnarchen verwechselt und deshalb oft nicht wirksam behandelt. Durch die vielen nächtlichen Atemaussetzer haben Betroffene jedoch keinen erholsamen Schlaf mehr und sind deshalb tagsüber häufiger müde, haben Konzentrationsschwierigkeiten und neigen zu Sekundenschlaf, was das Risiko für Verkehrs- und Arbeitsunfälle etwa verdreifacht.

„Unsere kognitive Leistungsfähigkeit ist an einen normalen Schlafrhythmus mit drei bis vier Schlafzyklen gebunden, in denen verschiedene Schlafstadien und Traumschlaf vorkommen“, erklärt Dr. med. Andreas Möller, Schlafmediziner und HNO-Arzt aus Wilhelmshaven. „Bei Patienten mit schlafbezogenen Atemstörungen ist diese gesunde Schlafzyklik zerstört und die Tief- und Traumschlaf­phasen sind reduziert.“ Welche gravierenden Folgen die mangelnde nächtliche Erholung auf die Reaktionszeit hat, zeigte eine australische Studie an der Universität in Adelaide: In Fahrsimulationstests mit vorherigem Schlafentzug hatten unbehandelte Schlafapnoe-Patienten gegenüber gesunden Probanden Probleme, die Spur zu halten und kollidierten häufiger mit virtuellen Hindernissen. Auch die allgemeinen Fahrleistungen waren deutlich stärker eingeschränkt. Massiver Schlafmangel wirkt sich zudem ähnlich wie Alkohol aus, wie Möller ergänzt: „Schon nach 17 Stunden ohne Schlaf ist die Fahrleistung so schlecht wie bei einer Blutalkoholkonzentration von 0,5 Promille. 24 Stunden ohne Schlaf entsprechen sogar 1 Promille.“

Mögliche Hilfe

Die Dunkelziffer der durch Schlafapnoe verursachten Unfälle ist jedoch sehr hoch, je nach Studien- oder Testbedingungen wurde sogar ein bis zu siebenfach erhöhtes Unfallrisiko festgestellt. „Hier können nur Maßnahmen helfen, die den chronischen Schlafmangel beheben und wieder für die notwendige zentralnervöse und motorische Erholung bei Nacht sorgen“, sagt Möller. Bei Schläfrigkeit am Steuer sollte man in jedem Fall am nächsten Rastplatz anhalten und schlafen. Als wirksamste und nachhaltige Behandlungsmethode hat sich jedoch die sogenannte CPAP-Technik (Continuous Positive Airway Pressure) erwiesen: Über einen Druckatmungsgenerator mit Atemmaske, die der Patient nachts anlegt, wird der Rachenraum offen gehalten und eine regelmäßige Sauerstoffzufuhr gewährleistet. „Bei Patienten, die regelmäßig mit der Atemmaske schliefen, verbesserten sich laut einer Untersuchung durch Frau Prof. Dr. Orth und Frau Prof. Dr. Kotterba die Fahrleistungen bereits nach zweitägiger Anwendung deutlich“, so der Schlafmediziner. In weiteren Untersuchungen mit Fahrsimulatoren konnten Orth und Kotterba feststellen, dass die Fahrtauglichkeit zwei Wochen nach Einleitung der CPAP-Therapie wiederhergestellt werden kann. „Nach dreijähriger Therapie waren gar keine Unterschiede mehr zu der gesunden Kontrollgruppe feststellbar.“

 

Mehr zu Schlafapnoe-Syndrom: 

Deutsche Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin: www.dgsm.de

SHG Selbsthilfegruppe Schlafapnoe Marburg: www.vdk-schlafapnoe.de

Bundesverband GSD Gemeinnützige Selbsthilfe Schlafapnoe Deutschland e.V.: www.gsdschlafapnoe.de

 

Textquelle: Pressemitteilung des Pressebüros Gebhardt-Seele i.A. von FLO Medizintechnik GmbH