Zwei von drei Schlaganfällen könnten verhindert werden, wenn die Vorbeugung unter optimalen Bedingungen stattfinden würde.1 Diese Zahl unterstreicht, wie wichtig es ist, die Risikofaktoren und die Anzeichen für einen Schlaganfall zu kennen, um im Notfall richtig zu reagieren.
Wissenslücken bei Schlaganfallrisikofaktoren
Wie die Umfrage der BAGSO zeigt, gibt es jedoch gerade bei den Risikofaktoren große Wissenslücken: „Während Bluthochdruck als wichtigster Risikofaktor für einen Schlaganfall 92 Prozent bekannt war, kannten nur 49 Prozent, also nicht einmal die Hälfte der Befragten, den zweitwichtigsten Risikofaktor Vorhofflimmern“, erläutert Dr. Barbara Keck, Geschäftsführerin der BAGSO Service Gesellschaft und Partner der Initiative Schlaganfallvorsorge. Dabei erhöht die Herzrhythmusstörung das Risiko für einen Schlaganfall um das 5-fache.2 Diabetes mellitus, ein weiterer wichtiger Risikofaktor, war nur 51 Prozent der Befragten bekannt. Bei Diabetes ist das Risiko für einen Schlaganfall immer noch um das 2-3-fache erhöht.²Nicht alle Anzeichen eines Schlaganfalls sind bekannt
Auch bei den Anzeichen für einen Schlaganfall zeigten sich große Wissenslücken: Rund 90 Prozent konnten halbseitige Lähmungen und Sprachstörungen korrekt als Anzeichen für einen Schlaganfall benennen. „Das ist ein gutes Ergebnis“, sagt Dr. Michael Brinkmeier, Vorsitzender der Stiftung Deutsche Schlaganfall-Hilfe. „Dennoch gibt es Handlungsbedarf.“Sehstörungen waren nur noch 64 Prozent der Befragten als Anzeichen bekannt. Auch die übrigen Anzeichen eines Schlaganfalls, wie Gleichgewichtsstörungen, plötzlicher Kopfschmerz oder Desorientierung würden im Notfall nur von jeweils etwa der Hälfte der Umfrageteilnehmer richtig erkannt werden. „Diese Unwissenheit kann schwerwiegende Folgen haben“, betont Dr. Brinkmeier weiter. „Wird ein Schlaganfall nicht als solcher erkannt und der Notruf nicht umgehend abgesetzt, kann die geeignete Therapie nicht rechtzeitig eingeleitet werden.“ Denn je eher eine Behandlung begonnen wird, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass geistige und körperliche Beeinträchtigungen verhindert oder reduziert werden können. „Immerhin wussten fast alle Befragten, dass jeder Schlaganfall, wenn er als solcher erkannt wird, ein Notfall ist und sofort der Notruf 112 gewählt werden muss“, so Dr. Brinkmeier. Nach Ansicht von Experten sollte die Zeit vom Notruf bis zum Eintreffen im Krankenhaus so kurz wie möglich sein und eine Stunde nicht überschreiten.3
Wissensstand sinkt im Alter, obwohl das Schlaganfallrisiko steigt
Die Befragung zeigte auch, dass Frauen besser über Schlaganfallsymptome informiert sind (44 Prozent) als Männer (34 Prozent) – ein Ergebnis, das sich mit Erkenntnissen der Gesundheitsberichterstattung des Bundes von 2006 deckt.4 Die Befragung zeigte aber auch, dass das Wissen über Schlaganfallsymptome mit zunehmendem Alter abnimmt. Während das Wissen der Befragten bis zu einem Alter von 49 Jahren stetig ansteigt, nimmt es ab 50 kontinuierlich ab. „Wenn wir Menschen möglichst bis ins hohe Alter ein Leben in Gesundheit ermöglichen wollen, können wir mit diesem Ergebnis nicht zufrieden sein“, betont Keck. Denn gerade diese Menschen haben ein sehr hohes Risiko, einen Schlaganfall zu erleiden. „Die Zahlen zeigen, dass insbesondere in der Gruppe der älteren und hochaltrigen Menschen noch Aufklärungsbedarf besteht.“Konsequenzen für die Aufklärungsarbeit
„Die Initiative Schlaganfallvorsorge unterstützt Patienten und Ärzte dabei, Risikofaktoren für Schlaganfälle frühzeitig zu erkennen und wichtige Vorsorgemaßnahmen rechtzeitig einzuleiten“, erklärt Dr. Keck. „Die Umfrage-Ergebnisse zeigen uns, wo noch Informationsbedarf besteht und wo wir mit unserer Arbeit weiter ansetzen müssen. Unser Ziel ist es, dass Betroffene ihr Risiko rechtzeitig erkennen und mit ihrem Arzt, ihrer Ärztin darüber sprechen und so die Anzahl der Schlaganfälle in Deutschland reduziert werden kann.“* Im Zeitraum von März bis April 2016 hatten 1.241 Personen an der stichprobenartigen Befragung teilgenommen, die über BAGSO-Verbände, Auslagen bei Messen oder online erfolgte. Davon waren 894 weiblich, 332 männlich und 15 Personen ohne Angabe. Das durchschnittliche Alter der Teilnehmer lag bei 61 Jahren, 80 Prozent der Befragten waren über 50 Jahre alt. Die Auswertung erfolgte anonymisiert, alters- und geschlechtsstandardisiert.
1 Willett WC. Balancing life-style and genomics research for disease prevention. Science 2002; 296:695-698.
2 Kompetenznetz Schlaganfall. Patienteninformationen: Risikofaktoren. (online) URL: www.kompetenznetz-schlaganfall.de/48.0.html (Stand: 4.8.2016).
3 M.Fischer et al.: Eckpunktepapier 2016 zur notfallmedizinischen Versorgung der Bevölkerung in der Prähospitalphase und in der Klinik. DOI 10.1007/s10049-016-0187-0.
4 Robert Koch-Institut (Hrsg) 2006. Gesundheit in Deutschland. Gesundheitsberichterstattung des Bundes. Robert Koch-Institut, Berlin.