Tod auf Raten – Wie die Tabakindustrie junge Mädchen verführt www.istockphoto.com/Kuzma

Tod auf Raten – Wie die Tabakindustrie junge Mädchen verführt

Die Tabakindustrie ist, Reklameverboten in manchen europäischen Ländern zum Trotz, eine der einfallsreichsten Werbemaschinerien der Produktionsgeschichte geglückt – zum Leide der weiblichen Bevölkerung, denn diese ist eine hochbegehrte Zielgruppe. Viele Tabakmarken lassen sich immer gewieftere Kampagnen einfallen, die junge Mädchen und Frauen anlocken sollen.

Im europäischen Raum rauchen 22 Prozent aller Frauen. Ein beträchtlicher Markt, vergleicht man diesen Verbreitungsgrad mit den 3 bis 5 Prozent in Asien, Afrika und Nahost. War Rauchen früher reine Männersache, so schrumpft der Abstand zwischen den Geschlechtern heute immer mehr. In vielen Ländern ist das Verhältnis sogar schon gekippt.

Frauen im Visier der Werbestrategen

Vor allem junge Mädchen und Frauen erscheinen ein leicht erschließbarer Markt zu sein. Die zunehmende Kaufkraft gepaart mit dem Willen der Selbstdarstellung, scheint der Tabakindustrie gut in die Karten zu spielen. Laut der Weltgesundheitsorganisation (WHO) war 2009 eine Tabak-Kampagne in der russischen Ausgabe eines renommierten Frauenmagazins unter anderem der Grund dafür, dass der Tabakkonsum in Russland um 117 Prozent anstieg. Die Anzeigenreihe bildete eine junge Frau ab, die mit der Zigarette in der Hand und in Begleitung eines Mannes war.

Doch noch schlimmer als der Wunsch nach Emanzipation und Unabhängigkeit ist die Tatsache, dass sich viele junge Frauen der Gefährlichkeit des Zigarettenkonsums gar nicht bewusst sind und das Suchtrisiko eindeutig unterschätzen. Hinzu kommt, dass die Preise in vielen europäischen Ländern sehr niedrig sind und irreführende Begriffe wie „leicht" und „mild" immer noch zulässig sind. Beispielsweise glauben fast 19 Prozent der Rumänen, dass „Light"-Zigaretten ungefährlicher sind als gewöhnliche Zigaretten, und fast 18 Prozent der Polen denken, dass gewisse Zigarettenmarken weniger schädlich sind als andere.

Trickreiche Werbemittel

Und als ob die Leichtfertigkeit der Konsumenten nicht schon hinreichend Butter auf die Brote der Tabakmilliardäre brächte, werben die Konzerne auch noch mit trickreichen Mitteln. Eine Studie aus Frankreich bewies kürzlich, dass in rund 75 Prozent aller französischen Filmen Raucher gezeigt werden. Während einer weltweiten WHO-Studie entdeckte man neue Werbemaschen, bei denen z.B. rauchende Passanten von jungen Frauen darauf angesprochen wurden, bereits angebrochene Schachteln gegen eine ungeöffnete der beworbenen Marke einzutauschen.Die Werbestrategien kennen hierbei keine Grenzen: Von lippenstiftförmigen Schachteln bis hin zu süßen kleinen Probe-Päckchen wird alles Mögliche aufgeboten.

Unfaires Vorgehen

Geradezu alarmierend wirkt hierbei die Studie, die im „British Medical Journal" veröffentlicht wurde. Diese wies nach, dass von den 90 Universitäten und 16 medizinischen Fakultäten eines nordamerikanischen Landes 39 Prozent Spenden von der Tabakindustrie erhalten hatten und dass 4 der 16 medizinischen Fakultäten Forschungsstipendien bezogen. Man mag sich angesichts dieser Tatsachen gar nicht ausmalen, wie weit die Marketingkooperationen noch gehen könnten!

Einschreiten der WHO

Daher ist es auch höchste Zeit, dass die WHO gegen diesen Zustand einschreitet: Das Rahmenübereinkommen der Weltgesundheitsorganisation zur Eindämmung des Tabakkonsums ist das erste unter Federführung der WHO ausgehandelte internationale Vertragswerk. Es wurde als Antwort auf die globale Tabakepidemie entwickelt und von 174 Ländern ratifiziert. „Das Rahmenübereinkommen der WHO zur Eindämmung des Tabakgebrauchs ist das Mittel der ersten Wahl zur Begrenzung der Aktivitäten der Tabakindustrie. Wir werden es weiterentwickeln, um den neuen Vermarktungsmethoden Rechnung zu tragen. Nur das Abkommen kann die Schlupflöcher einer Branche schließen, die von der Vermarktung extrem schädlicher Produkte lebt und deren Strategie ebenso giftig ist wie ihr Produkt", sagt hierzu der Direktor der Abteilung für Nichtübertragbare Krankheiten und Gesundheitsförderung des Regionalbüros, Gauden Galea.