Stressfrei-Special: Liebe, das Gegenmittel für Stress? istockphoto.com/coutneyk

Stressfrei-Special: Liebe, das Gegenmittel für Stress?

Eine liebevolle Partnerschaft gibt Halt und Geborgenheit. Kann sie uns aber auch vor Stress schützen? In dieser Reihe aus unserem Stressfrei-Special versuchen wir zusammen mit Psychologin Dr. Rose Shaw herauszufinden, was die Liebe für Heilkräfte für uns bereithält.

Hormone beeinflussen die verschiedensten Aspekte des menschlichen Sozialverhaltens, von Kindeserziehung und Berufswahl zu finanzieller Risikobereitschaft und sportlichem Eifer. Eine Studie hat die Hormonantwort auf Stress bei Studenten untersucht und zeigt, dass Menschen in einer festen Beziehung weniger gestresst sind als Singles. In dieser Studie wollen die Autoren Parallelen zu brutpflegenden Tierarten ziehen:

Partnerschaft und Gesundheit

Viele Untersuchungen weisen darauf hin, dass es gut für die Gesundheit ist, wenn ein Mensch verheiratet ist. Nun zeigt die Studie, dass eine langfristige Bindung auch den Hormonspiegel eines Menschen so verändert, so dass er weniger stressanfällig ist. Unverheiratete in einer festen Liebesbeziehung zeigen die gleiche verminderte Stressantwort wie verheiratete Menschen, sagt Dario Maestripieri, Professor für vergleichende Humanentwicklung an der University of Chicago und erster Autor der Studie, die im Journal „Stress“ erschienen ist.

Singles sind gestresster

„Diese Ergebnisse zeigen, dass Singles und Menschen ohne eine feste Beziehung stärker auf psychischen Stress reagieren als Verheiratete. Die Resultate stehen in Einklang mit der wachsenden Zahl der Studien, die zeigen, dass eine Ehe und sozialer Rückhalt Stress ausgleichen können“, schreibt Maestripieri in dem Artikel „Unterschiede der Hormonantwort auf psychischen Stress zwischen Menschen verschiedenen und gleichen Geschlechts in einer großen Gruppe von Collegestudenten“.

Die Studie

Für die Studie untersuchte das Team von Forschern der University of Chicago und der Northwestern University die Stressantwort an 501 Studenten eines Masterstudiengangs der Booth School of Business an der University of Chicago. Etwa 40 Prozent der Männer und 53 Prozent der Frauen in der Studie waren verheiratet oder in festen Beziehungen. Die Studienteilnehmer waren 348 Männer mit einem Durchschnittsalter von 29 Jahren und 153 Frauen mit einem Durchschnittsalter von 27 Jahren.

Die Studenten spielten mehrere Computerspiele, die Aspekte ihres ökonomischen Verhaltens testeten. Vor und nach den Spielen gaben die Teilnehmer Speichelproben, mit denen ihre Hormonspiegel und deren Veränderungen gemessen wurden. Allen Studenten wurde gesagt, der Test sei Pflicht und hätte einen Einfluss auf ihr Berufspraktikum später im Studium. Das gab dem Test etwas potenziell Nervenaufreibendes, das sich auf den Spiegel des Stresshormons Cortisol auswirken konnte.

Die Forscher stellten fest, dass die Cortisolkonzentrationen bei allen Teilnehmern anstiegen, aber die Zunahme war bei Frauen durchschnittlich stärker als bei Männern. Die Testaufgaben senkten auch den Testosteronspiegel bei Männern (aber nicht bei Frauen), eine Auswirkung von Stress, die schon vorher bei Menschen und Tieren beobachtet wurde. Ein persönliches Detail, nach dem die Forscher vor den Tests gefragt hatten, verriet noch einen weiteren interessanten Unterschied zwischen den Teilnehmern. „Wir stellten fest, dass bei beiden Geschlechtern der Cortisolspiegel von Menschen ohne eine feste Beziehung höher war als bei Verheirateten“, so Maestripieri.

„Obwohl eine Ehe recht stressig sein kann, sollte sie Menschen auch helfen, besser mit anderen Stressfaktoren in ihrem Leben umzugehen“, sagt Maestripieri. „Unsere Ergebnisse zeigen, dass eine Ehe eine dämpfende Wirkung auf die Cortisolantwort auf psychischen Stress hat, und das ist ganz etwas Neues.“

Außerdem zeigte die Studie, dass der Testosteronspiegel der männlichen Singles der Business School ein höheres Ausgangsniveau hatte als das bei ihren Kommilitonen, die verheiratet oder in einer festen Beziehung waren. Diese Beobachtung hatten schon frühere Studien an Menschen und Tieren gemacht.

Laut Maestripieri, der seine Forschung überwiegend an Affen in Puerto Rico macht, wurden ähnliche Veränderungen der Hormonspiegel auch bei Arten von Primaten und Vögeln beobachtet, deren Männchen die Weibchen bei der Aufzucht der Jungen unterstützen. Bei Arten mit monogamer Paarbildung („Einehe“) und gemeinsamer Aufzucht der Jungen sinken die Testosteronspiegel der Männchen, wenn sie sich um den Nachwuchs kümmern.

Fazit: Auch wenn die Ehe und eine feste Beziehung selbst hin und wieder Stress mit sich bringt, so ist sie dennoch wie ein Schutzschild gegen Stressfaktoren im Alltag. Menschen mit familiärem Rückhalt fühlen sich sicherer und gelassener.

 

Quellen:

Dr. Rose Shaw, Blog Psychologie Aktuell, 20. Oktober 2010

University of Chicago, 18.8.10

Maestripieri et al. Stress, Sep 2010