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Schizophrenie – „Was ist real?“

Schizophrene verlieren den Bezug zur Wirklichkeit. Bei akuten Formen der Krankheit haben die Betroffenen Wahnvorstellungen und hören Stimmen. Gesellschaftlich geraten sie dadurch häufig ins Abseits. Wir stellen Euch die mystifizierte Krankheit vor.
So selten die Psychose-Form „Schizophrenie“ auch in unseren Ohren klingt, sie ist es mit Nichten: Einer von 100 Erwachsenen erkrankt in seinem Leben einmal an Schizophrenie. Damit ist die Schizophrenie genauso verbreitet wie Rheuma. Das Erkrankungsalter liegt in der Regel zwischen dem 25. und 30. Lebensjahr. Aktuell leiden in Deutschland 800.000 Menschen an Schizophrenie und jedes Jahr kommen 8.000 neue Erkrankungen hinzu.

Der Name „Schizophrenie“ kommt aus dem Griechischen (s’chizein „abspalten“ und phrēn „Seele, Zwerchfell“). Wörtlich übersetzt bedeutet es „Spaltungsirrsein“. Dies führt bis heute noch zum Irrtum, dass Schizophrene eine gespaltene Persönlichkeit hätten. Tatsächlich leidet man bei der Schizophrenie aber an einem Realitätsverlust.

Schizophrenien verlaufen unterschiedlich. Es gibt einmalige Formen, während andere Menschen chronisch daran erkranken. In der anfänglichen Phase verändert sich das persönliche Verhalten. Die Betroffenen zeigen veränderte Befindlichkeiten im Alltag, sind nervös, gereizt, können sich nicht konzentrieren oder schlafen schlecht. In der akuten Phase treten Halluzinationen hinzu. Sie hören Stimmen, haben Verfolgungswahn oder denken in unlogischen Zusammenhängen.

Von Dämonen und Stigmatisierung

Im Mittelalter dachte man, Schizophrene wären von bösen Dämonen besessen. Die Kirche versuchte bis ins letzte Jahrhundert, die Erkrankten mit unorthodoxen Mittel wie dem Exorzismus zu heilen. Oftmals mit tödlichen Folgen. Auch heute noch erreichen vereinzelte Meldungen über zweifelhafte Praktiken die Öffentlichkeit. So meldete die Süddeutsche Zeitung im Jahre 2010 vom Fall eines rumänisch-orthodoxen Priesters, der eine schizophrene Novizin an ein Holzkreuz band und sie verhungern ließ. Der selbst ernannte Heiler sprach von Teufelsaustreibung und dass es der Wille Gottes gewesen sei, die Frau sterben zu lassen. 

Schizophrene wirken auf andere oft merkwürdig. Deswegen wird ihnen oft mit Ablehnung, Angst oder Abwertung begegnet. Obwohl erste Ärzte die seltsamen Verhaltensformen bereits im 16. Jahrhundert einer Geisteskrankheit zugeschrieben haben, kann man bis heute nicht davon sprechen, dass die breite Bevölkerung mit den Erkrankten umzugehen gelernt hat. Die Stigmatisierung reicht soweit, dass Schizophrene ihre Krankheit verschweigen, aus Angst Freunde und Familie zu verlieren. Bei einer Umfrage von 2009, die in der Fachzeitschrift „The Lancet“ veröffentlicht wurde, gaben 47 Prozent aller Befragten an, dass sie sich diskriminiert und unverstanden fühlten. 43 Prozent würden von den eigenen Familienmitgliedern gemieden oder benachteiligt werden.

Ursachen und Therapie

Die Ursachen der Schizophrenie sind zum einen genetische Faktoren. Bei Menschen, die bereits einen Schizophrenie-Fall in der Familie hatten, ist eine eigene Erkrankung wahrscheinlicher. Auch biologische Ursachen, wie Störungen der Gehirnentwicklung oder Hirnschädigungen durch Alkohol oder Drogen, können zur Schizophrenie führen. Daneben können bei einer biologischen oder genetischen Disposition tragische oder belastende Lebenssituationen eine Schizophrenie auslösen.

Die Therapie einer Schizophrenie enthält unterschiedliche Bausteine. Sie wird in eine medikamentöse, eine psychotherapeutische und einen erzieherische Therapie aufgeteilt. Bei der medikamentösen Behandlung erhält der Patient Neuroleptika. Diese beeinflussen die Übertragung von Informationen durch Botenstoffe im Gehirn und verringern in vielen Fällen die akuten Symptome und beugen Rückfällen vor.  In der psychotherapeutischen Therapie wird daran gearbeitet, depressive Gefühle sowie Angst und Hilflosigkeit zu verringern. Den Betroffenen wird ein Verständnis für ihre Krankheit vermittelt und die sozialen Kompetenzen gestärkt. Der erzieherische Teil „Psychoedukation“ betrifft nicht nur den Kranken, sondern auch sein familiäres Umfeld. Beiden wird hier vermittelt, besser mit der Erkrankung umgehen zu können.

Psychotherapeuten rechnen mit guten Heilungschancen bei der Schizophrenie. 25 bis 30 Prozent aller chronisch Erkrankten könnten sich nach Schätzungen der Bundespsychotherapeutenkammer vollständig von der Krankheit erholen. Und selbst bei schweren und ungünstig verlaufenden Psychosen kann es zu einer deutlichen Verbesserung der Gesundheit und des persönlichen Wohlbefindens kommen.

 

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